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Boom-Boom-Banksy

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Im Amsterdamer Moco sind Banksys Werke im Hochparterre platziert – eingebunden in das altehrwürdige Ambiente der Jugendstil-Villa. - Foto: Hugo Thomassen
Im Amsterdamer Moco sind Banksys Werke im Hochparterre platziert – eingebunden in das altehrwürdige Ambiente der Jugendstil-Villa. © Hugo Thomassen

Amsterdam - Von Matthias Freese. Ein wenig kitschig wirken sie ja schon – die mit dem Wind tanzenden Luftballons in Herzform, die da an der schwarzen Metall-Pforte der alten Jugendstil-Villa festgebunden sind. Doch sie sind ein starkes Symbol, schließlich ist der rote Ballon das zentrale Element in dem wohl bekanntesten Werk des britischen Streetart-Künstlers Banksy.

Natürlich zeigt das Moco am Amsterdamer Museumsplatz in seinen Räumlichkeiten auch das dazugehörige Bild mit dem Mädchen – und noch mehr als nur die Schablonen-Graffitis. Kurios ist aber: Nur sieben Tram-Haltestellen weiter konkurriert die Beurs van Berlage im Keller des alten Börsengebäudes am Damrak mit einer noch umfangreicheren Ausstellung des sozialkritischen Kunstrebellen.

Der Boom um Banksy hat die niederländische Metropole erfasst. Das Geschäft mit dem Antikapitalisten der modernen Kunst scheint zu florieren. Für seine Bilder geben Sammler inzwischen sechsstellige Summen aus. Mehr als 30 000 Besucher zählte der Veranstalter in der Beurs van Berlage allein seit dem Start von „The Art of Banksy“ Mitte Juni. Und natürlich führt der Ausgang durch den Andenken-Shop. „Exit through the gift shop“ betitelte Banksy schon seinen 2010 erschienenen Dokumentarfilm voller Ironie. Noch drolliger: Hier im Museum werden sogar Spraydosen mit den verschiedensten Farben zum Preis von sechs Euro das Stück feilgeboten. Eine perfekte Persiflage auf den Künstler, wenn hinter der Ausstellung nicht auch der kommerzielle Aspekt stehen würde. Eine große Agentur aus Istanbul hat sie inszeniert und bediente sich bei der Zusammenstellung der Objekte der Dienste von Steve Lazaridis, einem früheren Weggefährten Banksys.

Was der größte Popstar der Sprayer-Szene zu all dem sagt, lässt sich unschwer erahnen. „Banksy is not on facebook, twitter or represented by Steve Lazarides or any other commercial gallery”, verkündet er auf seiner spartanischen Homepage, die nicht einmal ein Impressum enthält. Betreiben lässt er sie von der Agentur Pest control. Auf der Startseite ist ein Punk mit Irokesenfrisur und Anarchiefahne zu sehen, der sich von der bekittelten Mutti das Tuch vor dem Gesicht richten lässt. Typischer Banksy-Humor.

Er selbst hat sich nie öffentlich geoutet, seinen wahren Namen nicht preisgegeben. Bis heute ist er in der Anonymität untergetaucht wie die von ihm gesprayten Ratten in ihrem Kanalnetz. Und das, obgleich er seit mehr als 20 Jahren seine unverkennbaren Graffitis und Stencils auf der ganzen Welt hinterlässt – angefangen in Bristol und London. Wissenschaftler der Londoner Queen Mary University wollen ihn übrigens vor wenigen Monaten mit mathematischen Methoden aus der Kriminologie mit hoher Wahrscheinlichkeit als Robin Gunningham überführt haben.

Dem Hype um Banksy schadet das nicht. Im Gegenteil. Auch weil der Meister des Undergrounds in seinen Aussagen punktgenauer und bissiger als jede politische Satiresendung ist. Und hochaktuell obendrein, wenn er etwa die Flüchtlingsproblematik thematisiert und Steve Jobs in Calais mit Müllbeutel über der Schulter sowie altem Apple-Rechner in der Hand abbildet und auf dessen syrische Wurzeln anspielt. Schon 2005 schrieb Banksy in seinem Buch „Wall and Piece“: „Die größten Verbrechen auf der Welt sind nicht durch Menschen begangen worden, die Regeln gebrochen haben. Es waren Menschen, die Anweisungen befolgt, Bomben abgeworfen oder ganze Dörfer massakriert haben.“ Er selbst reiste 2015 in den Gazastreifen und hinterließ dort sarkastische Bilder und Reisetipps.

Herausgeschlagene Mauerwerke mit Graffiti und ein Baustellen-Pylon mit draufgesprühter Ratte sind auch in der Moco-Ausstellung „Laugh now“ zu sehen. Zudem hat das private Museum – betrieben von Lionel und Kim Logchies, die in ihrer Galerie gleichzeitig Originale veräußern – die Litfaßsäulen der Stadt mit den Banksy-Affen plakatiert. Die Exponate des Streetart-Gurus sind in der altehrwürdigen Villa natürlich ideal auf dem Hochparterre platziert. Im Souterrain befinden sich indes Werke eines gewissen Andy Warhol.

„The Art of Banksy“ ist noch bis zum 30. September in der Beurs van Berlage in Amsterdam zu sehen. „Banksy: Laugh now“ im Moco-Museum in Amsterdam endet am 30. Oktober.

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