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Schloßplatz weckt Erinnerungen

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Die Regimentskapelle und Soldaten des 9. Infanterie-Regimentes des Diepholzschen Regimentes exerzieren auf dem Schloßplatz
Die Regimentskapelle und Soldaten des 9. Infanterie-Regimentes des Diepholzschen Regimentes exerzieren auf dem Schloßplatz © Museumsarchiv

NIENBURG - Von Heinz-Dieter Hische. Es gibt sie ganz offensichtlich, die Leser, die sich an die einstige Schule am Nienburger Schloßplatz erinnern. So meldete sich ein Nienburger, der bezweifelte, dass es sich bei dem Bild tatsächlich um die Einrichtung handelte.

Ein anderes Bild, das ihm Autor Heinz-Dieter Hische geschickt hatte, bezeichnete er hingegen als richtig. Es hänge unter anderem im Quaet-Faslem-Haus und befinde sich in einem Buch von Mark Feuerle. Bis zum Jahre 1636 zählte die Nienburger Stadtschule nur zwei Klassen. Der damalige Superintendent „Rathlef“, schrieb dazu, dass zwei Klassen und zwei Lehrer anfangs bei den wenigen Einwohnern der Stadt Nienburg genug waren, das außer den Bewohnern der gräflichen Gebäude, der Burgmannshöfe und einiger abgabefreien Stellen die Stadt nur 300 hausbesitzende Bürger hatte. Die damalige Lateinklasse kann als die Keimzelle der heutigen Albert Schweitzer Schule ansehen und aus der zweiten Klasse, der deutschen, entwickelten sich im Laufe der Zeit die Bürger-schulen, die dann später zu Volksschulen wurden.

Über die Lateinklasse berichtete Rektor Rust „Aus dem Umstand, dass die vielen jungen Leute aus der Umgebung zu den hiesigen Rektoren in die Schule geschickt wurden, darf ein Schluss auf den guten Ruf, den die Anstalt im allgemeinen genoss, als durchaus gerechtfertigt gezogen werden. Selbst in den trüben Tagen des Dreißigjährigen Krieges war die Zahl der Schüler so stark, dass man „ein großes umsingendes Schülervolk“ hatte und nach Gewohnheit der Zeiten geistliche Komödien in der Schule aufführte.

Wenn Touristen in die Stadt Nienburg kommen und die Bezeichnungen „Burgstraße“ oder „Schloßplatz“ lesen, dann fragen sie auch meist immer nach einer Burg oder einem Schloss. Häufig sind sie enttäuscht, wenn sie hören, das von der einst so starken Wasserburg – oder wie man auch sagt, von dem Schloss – der Grafen von Hoya nur noch ein einziges Gebäude, der Stockturm, erhalten ist. Die Wasserburg bildete einst eine eigene Festung innerhalb der Befestigungsanlagen der Stadt. Sie war mit Wällen und Gräben umgeben und nur über einen einzigen Steg zu erreichen. Als 1582 die Hoyaer Grafen ausstarben, fiel ihre Grafschaft an den Welfenherzog Wilhelm von Braunschweig – Lüneburg, der im Celler Schloss residierte. Er setzte einen Drost einen Amtmann und einen Hauptmann mit ihren Familien in das Schloss, die von hier aus das Amt verwalten sollten.

Bereits im Dreißigjährigen Krieg wurde Nienburg zweimal belagert, bei den Kämpfen um die Stadt sanken nicht nur viele Häuser der Bürger in Schutt und Asche, auch das Schloss wurde stark in Mitleidenschaft gezogen. Und als bald nach dem Dreißigjährigen Krieg die Festungswerke der Stadt erneuert und erweitert werden mussten – besonders an der Weserseite – brach man die Schlossgebäude bis auf den Stockturm, einfach ab. Böse Zungen behaupteten, das viele Nienburger das Schloss seinerzeit als „Steinbruch“ benutzten um mit den Steinen ihre im Krieg zerstörten Häuser wieder aufzubauen. Mit den Erdmassen der Wälle verfüllte man die Gräben, so dass ein großer freier Platz entstand, der alsbald den Namen „Schloßplatz“ erhielt. Er wurde bis ins Jahr 1860 fast ausschließlich, militärisch genutzt.

Zur Kurhannoverschen Zeit standen auf dem Schloßplatz die Baracken (Kasernen) und andere militärische Dienstgebäude, wie die neue „Artillerie-Baracke“ und das „Materialienhaus“. Gleichzeitig mit der Schleifung der Festungsanlagen zur Zeit der französischen Besetzung der Stadt wurden auch die Militärgebäude auf dem Schloßplatz abgebrochen. Nach Abzug der Franzosen und nach dem Einrücken des 9. Infantrie-Regimentes im Jahre 1825 diente der große freie Platz fortan als Exerzierplatz. In dem unteren Teil des Stockturmes war bis ins Jahr 1860 die Regimentskapelle untergebracht, die häufig auf dem Schloßplatz übte.

Die Nienburger konnten sich dann an der Militärmusik erfreuen, die damals einen ausgezeichneten Ruf hatte. Einen guten Einblick in das damalige Geschehen auf dem Platz vermittelt uns ein im Nienburger Museum aufbewahrtes Bild, das leider nicht datiert ist. Es zeigt im Hintergrund das 1824 von Quaet-Faslem erbaute neue Schulgebäude am Nordrand des Platzes. Die charakeristischen Elemente seiner Bauweise sind deutlich zu erkennen. Dieses Gebäude wurde in den letzten Kriegstagen des Zweiten Weltkrieges durch Bombentreffer so stark beschädigt, dass es abgebrochen werden musste. Ältere Nienburgerinnen und Nienburger werden sich bestimmt noch daran erinnern, dass hier das Arbeitsamt und auch die Haushaltungsschule untergebracht waren.

An den Längsseiten des Platzes waren junge Linden gepflanzt die sich später zu prächtigen schattenspendern Bäumen entwickelten. Später wurde vor den Linden ein umlaufendes eisernes Gitter gesetzt, an dem viele Kinder herumgeturnt und den „Aufschwung“ geübt haben. Das Gitter ist längst verschwunden und von den Lindenbäumen stehen nur noch wenige.

Zwischen den beiden Flügeln des Schulgebäudes ist auf dem Bild ein kleiner Teich zu sehen; es ist der Überrest des einst die Burg umgebenden Wassergrabens. Nach Auszug des Militärs am 6. Oktober 1860 änderten sich auch die Besitzverhältnisse. Die Stadt Nienburg konnte von nun an über die Nutzung des Platzes verfügen. Unter anderem fanden hier Sportveranstaltungen unterschiedlichster Art statt. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden auf dem Platz unter Hilfestellung des damaligen Landrates v. Klitzing in jedem Jahr Jugendsportwettkämpfe ausgetragen. Fuß- und Handballspieler trainierten hier und trugen an dieser Stelle auch ihre Punktspiele aus, und wenn größere Aufmärsche stattfanden, war der Schloßplatz zumeist Anfangs- oder Endpunkt dieser Veranstaltungen aber auch wenn ein Zirkus nach Nienburg kam, schlug dieser hier seine Zelte auf.

Der nach dem Zweiten Weltkrieg immer zunehmende Verkehr – besonders die Zahl der Autos nahm schnell zu, so sah man sich gezwungen, den Platz als Parkplatz einzurichten und auch gleichzeitig an dieser Stelle einen Omnibusbahnhof anzulegen. Viele alte Nienburger haben diesen Platz noch in sehr guter Erinnerung, zumal sich zumeist viele schöne Erinnerungen damit verbinden. Mehr als 100 Jahre hatte das große Gebäude die Nordseite des Schloßplatzes abgeschlossen, bis es im Zweiten Weltkrieg einer Fliegerbombe zum Opfer fiel. Errichtet worden war es 1824 an der Stelle des alten Reithauses durch den Baurat Quaet-Faslem als Schulhaus für die Stadtschule, nachdem die bisherige Stadtschule am Kirchplatz zu klein geworden war. Diese Schule wurde sodann im Jahr 1825 feierlich eingeweiht.

In einem Bericht über die Einweihungsfeierlichkeiten heißt es „Das alte Schulgebäude in der Stadt ist verkauft, das neue Haus steht in seiner vollen Pracht auf dem Schloßplatz, dicht am Wall. Es war der 14. Oktober 1825, an welchem das neue Haus feierlich zur Schule eingeweiht wurde, nachdem schon 14 Tage lang darin unterrichtet worden war. Pastor Böttcher hielt eine ebenso kräftige, als auch herzliche Rede, die gewiss ins Innerer dringen sollte und musste. Während des Gesangs „Bis hierher hat mich Gott gebracht!“ gesungen wurde, versammelte das Geläut der Glocken die Lehrer mit ihren Kindern vor der Kirche, und so ging der feierliche Zug zum neuen Schulhaus, das gewiss seines Gleichen in unserem Königreiche sucht. Jeder Lehrer ging mit seinen Schülern in die für ihn bestimmte Klasse und hielt dort seine Rede. Zum Abschluß wurde der Gesang 15 „Nun danket alle Gott“ gesungen. Damit war der feierliche Akt vollzogen. „Möge der dort ausgestreute Samen, auf den Boden fallen, wo er Früchte trägt hundertfältig“ mit diesen Worten beendete der Koloborator den feierlichen Akt. Der von Quaet-Faslem errichtete Schulbau schloss den Schloßplatz zur Nordseite hin ab. Damit war der Platz von allen Seiten mit Häusern umgeben und das gab dem Haus ein recht gefälliges Aussehen.

Auch in kommenden Ausgaben des BlickPunkts zum Sonntag sollen wieder historische Stadtbilder zu sehen sein, verbunden natürlich mit der aktuellen Ansicht. Eine Aktion, die selbstverständlich für alle BlickPunkt-Leser geöffnet ist. Sie haben auch eines dieser schönen historischen Fotos? Und wissen möglicherweise eine nette Begebenheit zu dem jeweiligen Motiv zu berichten? Dann am besten mit der BlickPunkt-Redaktion unter Telefon 05021/960831 in Verbindung setzen oder gleich vorbeischauen beim BlickPunkt an der Langen Straße 3. Es wäre doch zu schade, wenn die vielen Eindrücke der Zeitzeugen aus der jüngeren Nienburger Vergangenheit verloren gingen.

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