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Allein unter Rassisten und Neonazis

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Mo Asumang las nicht nur im Nienburger Quaet-Faslem-Haus. Sie erzählte auch über die Hintergründe und diskutierte mit den Besuchern.
Mo Asumang las nicht nur im Nienburger Quaet-Faslem-Haus. Sie erzählte auch über die Hintergründe und diskutierte mit den Besuchern. © Nikias Schmidetzki

Nienburg - Von Nikias Schmidetzki. Aus ihrem Buch „Mo und die Arier: Allein unter Rassisten und Neonazis" las die Journalistin und Filmemacherin Mo Asumang im Nienburger Quaet-Faslem-Haus.

Die Morddrohung war alles andere als subtil. „Diese Kugel ist für dich“, rief Lars Burmeister Mo Asumang entgegen. Nicht direkt ins Gesicht, sondern als Zeile des gleichnamigen Liedes. Für die Journalistin war das nicht die erste fremdenfeindliche Begegnung, dennoch eine besondere Erfahrung: „Es zog mir den Boden unter den Füßen weg“, sagt sie. Dann ging sie in die Offensive. Versuchte sich mit Neonazis zu treffen. Mischte sich unter sie. Und berichtet darüber in Filmen und in ihrem Buch „Mo und die Arier: Allein unter Rassisten und Neonazis“, aus dem sie am Montagabend im Nienburger Quaet-Faslem-Haus las.

Das Thema Fremdenfeindlichkeit ist aktuell. Nicht nur aufgrund überregionaler Berichterstattung, sondern auch wegen der Entwicklung im Landkreis. Eingeladen hatten WABE (Weser-Aller-Bündnis: Engagiert für Demokratie und Zivilcourage) zusammen mit der Bücherbutze. WABE-Vertreter Rudi Klemm war mit Mo Asumang zuvor schon bei Schülern in Hoya gewesen, und auch in der Vergangenheit hatten die beiden sich wiederholt mit Jugendlichen getroffen. Am Abend zog ihre Lesung zahlreiche Gäste in das Museumsgebäude – nur wenige Plätze waren noch frei.

Eingangs erwähntes Lied stammt von den „White Aryan Rebels“. Auch auf andere Prominente hatte es die Gruppe abgesehen. Mo Asumang hatte seinerzeit vor allem als Fernseh-Moderatorin Bekanntheit errungen. Nachdem sich der erste Schock gesetzt hatte, machte sich die Deutsche, die eigentlich Monika heißt und dessen Vater aus Ghana stammt, an die Arbeit. Und die habe zunächst viel Mut erfordert, erklärte sie zwischen den Passagen. Schließlich wollte sie sich denjenigen stellen, die ihr nach Leib und Leben trachteten.

Erlebnisse aus knapp 14 Jahren schildert die Autorin in dem Buch. Entstanden sind in dieser Zeit ihre Filme „Root Germania“ und „Die Arier“. Auch von den Dreharbeiten berichtet sie im Buch. Immer wieder suchte sie den direkten Kontakt zu Nazis unterschiedlicher Gruppierungen. Denn, das sei ihr schnell klar geworden: „Nazis tragen nicht immer Springerstiefel und Bomberjacke und haben eine Glatze.“ Sie traf sich mit Anführern wie dem vor sieben Jahren verstorbenen Jürgen Rieger und mit dem rechtsextremen Verschwörungstheoretiker Dr. Axel Stoll. Sie ging zu Naziversammlungen, ließ sich nicht verdrängen, suchte das Gespräch. Mo Asumang erzählt von abstrusen Begegnungen, von rechten Demonstranten, die sie um ein Selfie mit sich baten. Und sie schildert ihre Erfahrungen mit „Odin Kontaktanzeigen“, der „kostenlosen Kontaktbörse von Patrioten für Patrioten“.

So ernst das Thema ist, zwischen den Schilderungen, wie die Autorin ihre Gesprächspartner erlebte, und so auch sich selbst die Angst nahm, gab es immer wieder Stellen zum Lachen – und wenn die dargestellten Szenarien auch einfach an Irrsinn schwer zu überbieten waren.

Ihre Unterschrift war begehrt. Die Autorin signierte neben Autogrammkarten auch zahlreiche ihrer Bücher.
Ihre Unterschrift war begehrt. Die Autorin signierte neben Autogrammkarten auch zahlreiche ihrer Bücher. © Nikias Schmidetzki

Zwischen den Passagen, besonders aber im Anschluss an die Lesung, beantwortete Mo Asumang Fragen zum Buch, zu ihrer Arbeit, aber auch zum Umgang mit Rechtsextremismus. Immer wieder habe sie die Erfahrung gemacht, gezielte Gespräche mit Einzelnen seien erfolgversprechender als Versuche, Teilnehmer einer Demonstration vor Ort überzeugen zu wollen. „Ruhig bleiben“, ist ihre Devise. Man dürfe die Nazis nicht alle ausschließen, das würde deren Gemeinschaft nur stärken. Im Gegenteil müssen man überzeugen, ohne Gegengewalt zu nutzen. Denn: „Das sind nicht alles Dumpfbacken.“ Es brauche eben nur die gezielte Ansprache.

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