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„Wir lachen hier wirklich oft“

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Mitarbeiterinnen der Alzheimer-Gesellschaft (v.l.): Uschi Dargel, Heike Mahlmann, Marlies Wienert und Rita Brauer.
Mitarbeiterinnen der Alzheimer-Gesellschaft (v.l.): Uschi Dargel, Heike Mahlmann, Marlies Wienert und Rita Brauer. © Nikias Schmidetzki

Nienburg - Von Nikias Schmidetzki. Seit fünf Jahren gibt es die Alzheimer Gesellschaft Nienburg. Statt eines großen Festes soll es aber mehrere kleine Veranstaltungen geben, zu der alle eingeladen sind, um sich mit Demenz zu befassen.

Das Thema ist bedrückend, die Stimmung bei Marlies Wienert und Rita Brauer umso gelöster. Täglich befassen sich die beiden mit vielen weiteren Ehrenamtlichen mit Demenz: seit fünf Jahren in der Alzheimer Gesellschaft Nienburg. Der Verein hat allen Grund zu Feiern, statt eines großen Festes soll es aber mehrere kleine Veranstaltungen geben – öffentlich.

So ernst die Erkrankung auch sei, der Umgang damit kann auch heiter sein. „Wir lachen hier wirklich oft“, betont Rita Brauer sogar. Sie ist von Anfang an dabei. Marlies Wienert ebenso. Sie ist sogar Vorsitzende, hat die Gesellschaft mit gegründet. „Sowas brauchen wir hier auch“, war sie überzeugt. Dass sie richtig lag, zeigt der rasche Zuwachs. Aus zehn ehrenamtlichen Helfern sind heute 50 geworden. Und auch die Zahl der betreuenden Personen ist stets gestiegen. Montags bis donnerstags treffen sich Patienten in „Gedächtniscafés“, jeden Freitag kommen welche zum Kreativ Projekt mit der Künstlerin Gunhild Sievers. Hinzu kommen Gruppen von Angehörigen – Partner ebenso wie erwachsene Kinder. Und dann sind da noch die individuellen Beratungen.

„Viele Angehörige sind oftmals überfordert“, weiß Rita Brauer. Patienten brauchen häufig Anforderungen, damit sich ihr Krankheitsbild nicht noch schneller verschlimmert. Dazu braucht es Geduld und Zeit. Beides kommt im Alltag gerne zu kurz. Dafür sind die Treffen da. „Wir spüren viel Dankbarkeit“, sagt Rita Brauer, die auch eine der Ansprechpartnerinnen in der Geschäftsstelle an der Ziegelkampstraße in Nienburg ist. Ein ganz anderes Problem, sagt ihre Mitstreiterin Marlies Wienert, sei die Scham, mit der Patienten wie Angehörige nach wie vor zu kämpfen hätten. Umso entspannter seien die Treffen häufig. Selbst Patienten, die sonst kaum noch vor die Tür gingen, fieberten diesen regelmäßigen Terminen geradezu entgegen.

Termine

So feiert die Alzheimer Gesellschaft ihren „fünften Geburtstag“:

Die Ausstellung „Auf den Flügeln der Kunst“ beginnt am 29. Mai um 11 Uhr. Bis zum 26. Juni sind Werke der Patienten in der Nienburger Galerie N zu sehen.

Das Miniaturtheater von Andreas Bentrup zum Thema Demenz ist am 1. Juni ab 19 Uhr ebenfalls in der Galerie N zu Gast.

Helga Rohra wird über das Leben mit der Krankheit berichten und aus ihrem Buch „Aus dem Schatten treten“ am 23. Juni ab 19 Uhr im Wesersaal lesen.

Generell sind die „Erinnerungscafés“ montags bis donnerstags von 15 bis 17.30 Uhr. Anmelden unter Tel. 05021/9034181 ist empfehlenswert. Sprechzeiten für persönliche Beratung sind Dienstag bis Donnerstag von 9 bis 12 Uhr und nach telefonischer Vereinbarung.

Was die Helfenden der Alzheimer Gesellschaft so erleben, ist nicht immer einfach. Da ist eine Frau, die mit Ende 40 erkrankte. Sie verlor ihren Sohn bei einem Unfall, kam nicht mehr aus dem Gedankenkarussell und erlitt vor Stresse einen Schlaganfall. Da sind vergleichsweise junge Männer, die unter dem Pick-Syndrom leiden. Während sich Persönlichkeit und Sozialverhalten verändern, teilweise bis zum kindlichen, bleibt die Intelligenz lange erhalten. Sie bekommen also genau mit, was mit ihnen passiert. Viele andere Fälle sammeln sich bei den Treffen und den Beratungen. Kontakte entstehen dort. Die Gespräche seien locker, auch wenn da nun am Tisch gemeinsam ein Arzt, ein Handwerker und ein Lehrer sitzen, die früher gar nichts miteinander zu tun hatten. Mittlerweile sind die Treffen sogar für alle Menschen, die eine Plegestufe haben, offen. So will die Alzheimer Gesellschaft der Vereinsamung – auch im Kopf – vorbeugen. So selbstverständlich das heute scheint, war es nicht immer. „Der Anfang war schwer“, sagt Marlies Wienert. Sie hält nicht damit hintern Berg, dass sie gar mit den Gedanken gespielt habe, hinzuschmeißen. Das Durchhalten habe sich gelohnt: „In den letzten drei Jahren lief es super.“ 50 Ehrenamtliche helfen bei der Betreuung. In der Geschäftsstelle (gegenüber vom Nienburger Krankenhaus) sind neben Marlies Wienert und Rita Brauer noch die beiden Verwaltungskräfte – die einzigen Hauptamtlichen – Uschi Dargel und Heike Mahlmann vor Ort.

Nun sollen also auch diejenigen mitfeiern und den Verein kennenlernen können, die sonst nicht mit den unterschiedlichen Formen der Demenz zu tun haben. Dazu stellen Beteiligte des Kreativ Projekts Bilder in der Galerie N aus. Ein Theaterstück zum Thema Demenz gehört zum Programm. Und mit Helga Rohra liest und erzählt eine Patientin, die einst als Dolmetscherin gerabeitet hat, bevor sie die Demenz als sogenannte „Jungerkrankte“ traf.

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