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Beschäftigte im öffentlichen Dienst zeigen Flagge

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Angestellte des Bauhofs zeigen Flagge zu den Plänen der Arbeitgeber.
Angestellte des Bauhofs zeigen Flagge zu den Plänen der Arbeitgeber. © ver.di

Nienburg. Die Beschäftigten im öffentlichen Dienst bei den Kommunen und beim Bund auch im Landkreis Nienburg machen mobil. Am kommenden Montag beginnen die Tarifverhandlungen.

Und schon im Vorfeld setzen Kolleginnen und Kollegen aufgrund einer Initiative der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) deutliche Zeichen. Die von der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) geforderte Absenkung der Leistungen in der betrieblichen Altersversorgung kommt für ver.di nicht in Frage.

Dass insbesondere zu diesem Thema die Beschäftigten sensibel reagieren, zeigen sie in einer Stafette durch den Landkreis Nienburg – schon vor Beginn der Verhandlungen. „Wir wollen ein frühes Zeichen setzen“, erklärt Volker Selent als ver.di-Gewerkschaftssekretär. In dieser Stafette geht ein Transparent „Hände weg von unserer Betriebsrente“ durch die Einrichtungen im Landkreis, mit dem sich die Betroffenen ablichten lassen und die Fotos im Internet veröffentlicht werden. Die Aktion geht noch bis Anfang April. Den Startschuss legten die Beschäftigten des Baubetriebshofs in Nienburg, aber auch Beschäftigte der Kreisverwaltung machten schon deutlich, dass ein Eingriff in die Betriebsrente ein Tabu ist.

Die Betriebsrente VBL im öffentlichen Dienst ist eine zusätzliche betriebliche Altersversorgung. Sie stockt die spätere Rente auf und sorgt dafür, dass gerade die unteren Entgeltgruppen nicht in Altersarmut verfallen. „Denn die gesetzliche Rente sinkt immer weiter auf 43 Prozent des durchschnittlichen Arbeitseinkommens – und die 43 Prozent erreicht nur, wer 45 Versicherungsjahre vorweisen kann. Da ist die Betriebsrente VBL schon ein wichtiges Zubrot“, so Selent.

Auch Angestellte der Kreisverwaltung beteiligen sich.
Auch Angestellte der Kreisverwaltung beteiligen sich. © ver.di

Durch Tarifvertrag wurde geregelt, dass der Arbeitgeber hierfür 6,45 Prozent und die Beschäftigten 1,41 Prozent vom Bruttogehalt einzahlen. „Jetzt wollen die Arbeitgeber nicht nur den Eigenanteil der Beschäftigten erhöhen, sondern die Kommunen wollen auch noch die Leistungen kürzen“, beklagt Selent. Betroffen wären damit auch die kommunalen Kindertagesstätten, die im letzten Jahr für die Aufwertung ihres Berufes im Arbeitskampf waren. Hierbei ging es um strukturelle Änderungen im Sozial- und Erziehungsdienst. Mit dieser Tarifrunde sind jedoch alle Beschäftigte bei den Kommunen und beim Bund betroffen. „Wir hoffen, dass wir auch ohne Streiks die Arbeitgeber zur Einsicht bewegen können“, so Selent gerade mit Blick auf die betroffenen Eltern.

Doch es geht um mehr als nur um die Abwehr von Leistungen bei der Betriebsrente. Sechs Prozent mehr Gehalt fordert ver.di. Die Gewerkschaft orientiert sich dabei zunächst an der Preissteigerung und dem Wachstum, was einen Verteilungsspielraum von etwa drei bis 3,5 Prozent ausmacht. Allerdings hat der öffentliche Dienst im Vergleich zu anderen Tarifbranchen auch einen Nachholbedarf, den es zu verringern geht. „Sonst gehen dem öffentlichen Dienst die Fachkräfte aus,“ so Selent. Bezogen auf die Aufgaben und Ausgaben mit den Flüchtlingen verweist er darauf, dass dies gesellschaftliche Aufgaben sind, die den öffentlichen Dienst in allen Bereichen direkt oder indirekt zusätzliche Leistungen abverlangen. „Es kann nicht sein, dass sich diejenigen auch noch bei der Lohnforderung zurückhalten sollen, die sich dieser Herausforderung stellen. Die Hilfe für die Flüchtlinge kostet natürlich Geld, aber dies muss gesamtgesellschaftlich aufgebracht werden.“

Ver.di macht in einer Pressemitteilung zudem darauf aufmerksam, dass durch Steuerhinterziehung dem deutschen Staat jährlich 50 bis 60 Milliarden Euro jährlich verloren gehen. Und: „Durch Steuertricks sparen Unternehmen in der EU jährlich 1000 Milliarden Euro. So sind Ikea, Starbucks, Apple, Amazon und andere Großkonzerne in Deutschland trotz Milliardengewinnen faktisch steuerfrei.“ Selent erklärt dazu: „Hätten wir noch eine Steuerpolitik wie vor 20 Jahren, hätte der Staat keine Finanzprobleme.“ Stattdessen klaffe die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander: Zehn Prozent der Haushalte verfügen über knapp 52 Prozent des Besitzes – und damit fast acht Prozent mehr als noch 1998.

Ferner geht es in dieser Tarifrunde um eine neue Entgeltordnung, die in vielen Bereichen seit Jahren außer in Kraft gesetzt ist und zu Entgeltkürzungen führte. Jetzt steht ver.di kurz vor einem Abschluss für auch für Verwaltungsangestellte, Techniker, Meister, Schulhausmeister und mehr in den niedrigen Entgeltgruppen zwei bis acht. Weitere Baustellen der Tarifrunde sind die auslaufenden Regelungen zur Altersteilzeit, die Übernahme der Auszubildenden und die sachgrundlosen Befristungen. Selent abschließend: „Damit wird deutlich: Diese Tarifrunde ist keine einfache Tarifrunde. Und sie wird viel Bewegung benötigen.“

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