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Tarnung und Täuschung

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Testwagen
Psychedelische Kringel auf dem Blech: Solche Muster wie hier beim BMW X1-Testwagen sollen es Erlkönig-Jägern erschweren, Proportionen und Linien der neuen Modelle zu erkennen. © fkn

Sie sind die Stars der Autoszene: Nicht Supersportler oder Designstudien finden bei PS-Fans die größte Beachtung - die Erlkönige sind es, bei denen die Speicherkarten der Digitalkameras überlaufen.

Schließlich sind diese Prototypen die Vorboten neuer Modelle, die oft erst in zwei bis drei Jahren zu den Händlern kommen. Sie sind entsprechend selten, werden gut bewacht und gelten als streng geheim. Kein Wunder also, dass da bei den Fotografen von Fachpresse und Konkurrenz bisweilen der Jagdinstinkt erwacht. Denn: Der natürliche Feind des Prototypen ist der PS-Paparazzi.

Warum die Hersteller so ein Geheimnis machen? Weil sie nicht vorzeitig alle Trümpfe eines neuen Modells ausspielen wollen. Außerdem muss man bisweilen auf den Abverkauf der aktuellen Generation Rücksicht nehmen und darf deshalb nicht zu früh von den Vorzügen des Nachfolgers sprechen.

Weil jedoch nicht alle Tests in den geheimen Entwicklungszentren absolviert werden können, müssen die Erlkönige spätestens zwei Jahre vor dem Serienstart auch in die freie Wildbahn - und schützen sich dort mit einem speziellen Tarnkleid. Für diese Camouflage beschäftigen die Autohersteller eigene Spezialisten, die sich ausschließlich mit Tarnen und Täuschen beschäftigen. Bei Opel zum Beispiel sind das mehr als zehn Experten, die zuletzt den neuen Astra bewusst schmucklos und verwechselbar eingekleidet haben.

Psychedelische Kringel auf dem Blech

Dicke Folien, wie sie in Grün oder Blau auch die Polizei verwendet, sollen das Inkognito wahren. Nur mit den Aufklebern, die im Hitzetest bei plus 70 Grad ebenso gut sitzen müssen wie in der arktischen Kälte, ist es aber nicht getan. Alle wichtigen Konturen werden mit Schaumstoffpolstern kaschiert, Fensterlinien werden unkenntlich gemacht oder Scheinwerfer überklebt.

Vor allem bei Autos mit auffälligen Karosseriemerkmalen greifen die Tarner in die Trickkiste. Um die Konkurrenz beim neuen Z4 etwa möglichst lange über den Wechsel vom Stoff- auf ein Metalldach im Unklaren zu lassen, hat BMW besonders das Verdeck des Roadsters unkenntlich gemacht. Dazu dienten Kunststoffplanken und bunte Folien.

Auch Anbauteile helfen beim Tarnen und Täuschen: Fremde Markenzeichen, Rückleuchten aus dem Baumarkt, unförmige Rucksäcke oder absichtlich falsch montierte Türgriffe sollen Industriespione und Fotografen in die Irre führen. Selbst auf die Kennzeichen ist kein Verlass. Im Gegenteil: Autos mit Stuttgarter Zulassung kommen in der Regel genauso wenig von Mercedes wie Münchner von BMW.

Früher waren Tarnfolien einfach mattschwarz. Doch mit der wachsenden Leistungsfähigkeit elektronischer Bildbearbeitungsprogramme und der besseren Auflösung von Digitalkameras mussten sich die Entwickler immer mehr einfallen lassen. Opel setzt auf ein schwarz-weiß kariertes Rautenmuster. Deshalb heißt der noch geheime neue Astra „Streifenhörnchen“. Bei BMW gibt es ein Muster, das an Hippie-Kunst im Drogenrausch erinnert: Prototypen wie der X1 sind über und über mit psychedelischen Kringeln beklebt, die den Geheimnisjägern das Leben möglichst schwer machen sollen.

osw.

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