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40 Jahre auf der Bühne: Interview mit Peter Maffay

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60 Jahre jung, 40 Jahre auf der Bühne: Peter Maffay feiert Jubiläum mit neuer CD.
60 Jahre jung, 40 Jahre auf der Bühne: Peter Maffay feiert Jubiläum mit neuer CD. © dpa

Tutzing - 40 Jahre Karriere. 40 Jahre Lieder, die unter die Haut gehen. Zum Bühnenjubiläum in ­diesem Jahr hat Peter Maffay seine großen Hits noch einmal neu entdeckt.

Er präsentiert sie auf dem Album Tattoos, das am Freitag erscheint, und auf einer Tournee im Herbst in frischem Gewand. Für die CD haben Maffay und seine Band 15 Songs mit dem Wroclaw Score Orchestra aus Breslau (Polen) neu eingespielt – das Ergebnis ist ein Klassik-Rock-Mix (mit Schwerpunkt auf dem Rock), der das ewig junge Du aus dem Jahr 1970 genauso zeitgemäß und staubfrei klingen lässt wie das beinahe noch aktuelle Ewig (2008). Beim Interview in seinen Tutzinger Red-Rooster-Studios sprach ein blendend aufgelegter ­Peter Maffay, seit wenigen Monaten ein „Sechziger“, über seine Jubiläums-Projekte.

Peter Maffay seit 40 Jahren auf der Bühne

Was hat Ihnen Lust gemacht, all diese Hits noch einmal neu aufzunehmen?

Peter Maffay: Der ganz profane Anreiz war, dass wir alle der Meinung waren, dass wir dieses 40. Jubiläum irgendwie begehen sollten. Normalerweise bringst du dann eine schöne Best-of-Scheibe, ein toll aufgemachtes Boxset oder so etwas raus – aber darauf hatten wir keine Lust. Da hätte man nur Dinge, die schon passiert sind, neu aneinandergereiht, das wäre auch kein Aufhänger für eine Tournee gewesen, einfach nur ein „Best of Maffay“. Unspannend. Wir hatten dann die Idee, eine ganze Tour mit einem Orchester zu spielen – und damit nahm die Geschichte Fahrt auf. Daraus ist dann auch das CD-Projekt entstanden.

Wie kann man sich das ­vorstellen: Peter Maffay mit Orchester auf Tour? Frack und Fliege statt Jeans und ­Lederhose?

Maffay: Das war auch die erste Frage der Leute vom Wolfsburger Volkswagen-Orchester, mit dem wir unterwegs sind: „Was sollen wir anziehen?“ Ich haben ihnen gesagt: „Wir können gern über einen Look sprechen – aber einen gibt es ganz bestimmt nicht, nämlich Pinguine.“ Ich kann und will auch meine Jungs von der Band nicht dazu verdonnern, sich zu verkleiden, das wären nicht mehr wir. Jeder geht so, wie er sich am besten fühlt, so wie immer. Und auch unsere Fans müssen keine Angst vor einem Klassikabend im Frack haben. Das wird ganz entspannt und casual, ohne Bestuhlung im Parkett.

Entspannt, casual, ohne großen Klassik-Pomp – so klingt auch die CD.

Maffay: Natürlich, das gehört zusammen, mit dieser Vorstellung sind wir auch an die Gestaltung der Songs gegangen. Als wir die Orchesterspuren aus Polen bekommen haben, klangen die Stücke noch völlig anders als jetzt, üppiger und opulenter, viel zu aufgeregt. Ein, zwei solche Stücke kannst du beim Anhören verkraften, aber 15 hintereinander, das macht dich platt. Am Ende sind von den Arrangements vielleicht noch 50 Prozent übrig geblieben. Da schreit und jammert der Arrangeur dann ein bisschen, weil er Künstler ist, wie wir auch, aber am Ende einigt man sich auf eine wunder­bare Lösung, mit der wir jetzt sehr happy sind und die perfekt zu uns passt. Das Orchester bringt eine Qualität, die wir nicht erzeugen können – aber die Band dominiert das Orchester und nicht umgekehrt. Ich hätte mich in den A… getreten, wenn es diese typische „Maffay goes Classic“-Nummer geworden wäre.

Fanden Sie es auch künstlerisch spannend, noch mal „Du“ und „Über sieben Brücken“ zu singen?

Maffay: Das ist ungefähr so wie mit der Liebe und dem Essen. Beides ist nicht immer gleich gut und gleich schön – aber trotzdem gibt es immer wieder den Augenblick, in dem man es ganz besonders genießt. So ist es auch mit der Musik und diesen Liedern. Ein guter Song lässt sich in vielen Varianten erzählen – und ich glaube, wir haben spannende Ansätze gefunden, um noch einmal neu an die Stücke heranzugehen. Bei den Sieben Brücken singt ein Kinderchor mit, bei dem die Kids aus lauter Eltern hervorgegangen sind, die eine Ost-West-Beziehung hatten, das passt wunderbar zur Geschichte dieses Karat-Songs. Für Du haben wir als einziges Lied das damalige Original-Arrangement benutzt, und ich habe mir in den Kopf gesetzt, in der gleichen Tonlage zu singen wie vor vierzig Jahren. Ich habe die dreifache Zeit gebraucht wie damals, bin bei den hohen Tönen ganz schön auf den Fußspitzen gestanden und habe mich gequält. Aber beim Singen, da bist du plötzlich wieder 19.

In einigen Songs schwingt eine gehörige Portion Ironie mit.

Maffay: Na klar, sonst kannst du das gar nicht machen. Wenn ich heute, mit 60, Und es war Sommer ­singe, mit der Zeile „Ich war 16 und sie 31“, dann kannst du das nur mit einem Augenzwinkern singen, die gute Frau muss ja mittlerweile fast 90 sein. Oder der Sprechteil von Du, den ich zum ersten Mal auf Platte selber spreche – auf der damaligen Aufnahme war es ja Michael Kunze. So etwas funktioniert heute nur, wenn du es mit einer guten Portion Humor bringst.

Sind Sie mittlerweile mit „Du“ versöhnt, der, pardon, Schnulze, die Sie so lange verfolgt hat?

Maffay: Ja, durchaus. Am Anfang habe ich dieses Lied geliebt, denn es hat mir die Türen geöffnet. Dann habe ich es verdammt und gesagt, ich kann diesen Schrott nicht mehr hören. Heute kann man es wieder spielen. Und das Lustige ist: Wenn es Amerikaner oder Engländer hören, die keine Ahnung von der Diskussion um Du haben, sagen sie oft einfach nur: „What a song!“ Peter Orloff hat ein geiles Stück geschrieben!

Jörg Heinrich

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