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«Vom Blaulicht ins Rotlicht» - Polizist wird Bordell-Chef

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Der ehemalige Polizeibeamte Uwe Ittner im Bordell. Foto: Karl-Josef Hildenbrand
Der ehemalige Polizeibeamte Uwe Ittner im Bordell. Foto: Karl-Josef Hildenbrand © Karl-Josef Hildenbrand

Jahrelang sorgte Uwe Ittner als Polizist für Ordnung - nun führt er ein Bordell. Wie die Menschen bei Partys auf seinen Beruf reagieren, habe sich dennoch nicht geändert, erzählt er über seinen Wechsel «vom Blaulicht ins Rotlicht».

Dachau (dpa) - Von außen ist der unscheinbare Bungalow im Gewerbegebiet von Dachau nichts Besonderes. Etwas versteckt liegt er hinter einer Autowerkstatt. Erst drinnen wird klar, dass es sich nicht um ein gewöhnliches Wohnhaus handelt.

Ein weißes Ledersofa, griechisch anmutende Statuen, kitschige Malereien, große Spiegel an den Wänden und eine Striptease-Stange schreien ganz laut: Porno! Der «Salon Patrice» ist ein Bordell. Eins von diesen diskret gelegenen Häusern, von denen es auch im katholischen Bayern das eine oder andere gibt.

Das Besondere an diesem Haus ist der Mann, der auf dem weißen Ledersofa sitzt: Uwe Ittner rief das Bordell vor einigen Jahren mit seiner damaligen Lebensgefährtin, der Namensgeberin Patrice, ins Leben. Vorher war er 25 Jahre lang Polizist in München - Kriminalpolizist, Fahnder. Rund 30 Kilometer trennen den «Salon» vom Münchner Polizeipräsidium. Doch es ist eine andere Welt.

«Viele wollten dann nichts mehr mit mir zu tun haben», sagt Ittner im Interview der Deutschen Presse-Agentur, während das Feuer im Kamin knistert. «Die wenigen Freunde, die ich bei der Polizei hatte, haben mir vorgeworfen, ich hätte die Seiten gewechselt. Für die war ich ein Zuhälter - und fertig.» Der Gewerkschaft der Polizei ist kein ähnlicher Fall bekannt. «Es gibt viele Polizisten, die nach ihrer aktiven Zeit in private Sicherheitsunternehmen wechseln», sagt ein Sprecher. Dass ein Polizeibeamter in ein Bordell wechselt, habe er noch nie gehört.

Über seinen Wechsel «Vom Blaulicht ins Rotlicht» hat Ittner ein Buch geschrieben, das genau so heißt und seit einigen Tagen auf dem Markt ist. «Wenn ich jetzt noch Polizeibeamter wäre, würde ich mit Sicherheit irgendwo in einem warmen Büro sitzen, die Füße hochlegen und zu gegebener Zeit ein Weißbier aufmachen», sagt Ittner. «Es ist nur die Frage, ob man so ein Berufsleben will. Ich wollte das schon damals nicht. Das hat mich nicht befriedigt.»

Als Polizist lernte er eines Tages die Prostituierte Patrice kennen. «Ich wäre nie auf so eine Idee gekommen, dass ich ein Bordell aufmache», sagt er. Die beiden verliebten sich. «Daraus ist Liebe geworden - mit dem kleinen Schönheitsfehler, dass ich Polizeibeamter war und sie angeschafft hat. Ich hatte da moralisch keine Bedenken. Aber wissen durfte das natürlich niemand. Es ist nicht unbedingt gern gesehen, wenn ein Polizist mit einer Hure zusammen ist.» Ein Polizist sei tatsächlich zu besonderem Wohlverhalten verpflichtet, sagt ein Gewerkschaftssprecher. «Der Rock von Vater Staat ist eng, aber warm.»

Das sei für Ittner aber nicht das größte Problem gewesen. «Ich wusste, dass es nur eine Illusion ist, die sie verkauft, aber ich hatte daran zu knabbern, wenn ich wusste, dass sie arbeitet und dann mit wer weiß wie vielen Männern Geschlechtsverkehr hat. Wir haben uns dann immer wieder darüber gestritten und standen dann vor der Entscheidung: Wir trennen uns - oder sie gibt ihren Beruf auf. Sie hatte dann die Idee, das Bordell aufzumachen.»

Auch das, so sagt er, sei aber gar nicht so einfach gewesen. «Allein schon rein praktisch gab es da durchaus Schwierigkeiten: Wo machst du so ein Haus auf? Wo bekommst du eine Genehmigung? In Bayern muss eine Gemeinde, in der man ein Bordell aufmachen will, mindestens 30 000 Einwohner haben. Neben einem Kindergarten geht's nicht, neben einer Schule geht's nicht. Rein geschäftsmäßig muss man sich dann auch noch fragen: Wie ist die Konkurrenzsituation? Dann muss man einen Vermieter finden. Und wo bekomme ich ein Geschäftskonto? Das war auch gar nicht so einfach. Stempel, bumm.»

Inzwischen gibt es das Haus seit elf Jahren. «Wir sind ein sogenanntes Terminhaus und haben vier bis fünf Damen im wöchentlichen Wechsel.» Dann klingelt Ittners Handy. Die Anruferin erzählt, dass der vermisste Schlüssel für Schließfach B nicht bei ihr sei - sie habe Schließfach C gehabt, als sie im Salon arbeitete. «Ein Schlüssel ist weg», stellt Ittner fest und seufzt. «Auch das gehört zu den administrativen Aufgaben bei der Führung eines solchen Hauses.»

Diese Führung hat er inzwischen übrigens an seine neue Lebensgefährtin abgegeben. Er selbst bleibt meist in dem gemeinsamen Haus irgendwo in einem Wald in Kärnten. «Wir haben uns ziemlich zurückgezogen, und ich bin auch irgendwie menschenscheu geworden. Ich brauche das nicht mehr», sagt er. «High Life, Disco - das habe ich alles genug gehabt. Wo Menschen sind, da menschelt's. Aber wenn's zu viel menschelt, dann ist es auch nicht mehr so wunderbar. Man schaut da ziemlich oft in irgendwelche Abgründe, und ich wollte das nicht mehr.»

Eines habe sich durch seinen ungewöhnlichen Jobwechsel übrigens nicht geändert: «Wenn ich auf einer Party oder so gesagt habe, was ich beruflich mache, dann sind die Leute schon manchmal zusammengezuckt. Aber das war als Polizeibeamter nicht anders.»

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