Beim Kreuzverhör von Sciorra spielte Rotunno auch ein Video aus einer US-Talkshow aus dem Jahr 1997 ab, in der die Schauspielerin fälschlicherweise erzählte, ihr Vater ziehe Leguane in einem Zirkus auf. Hauptanklägerin Illuzzi ergriff das Wort und konterte: Das sei ein harmloser Witz gewesen - Sciorra würde aber doch niemals die Unwahrheit über etwas so Ernstes wie Vergewaltigung sagen. «Das hier ist kein Zirkus.»
Auch die Staatsanwältin Illuzzi ist Rummel und Rampenlicht gewohnt. Sie leitete 2011 die Ermittlungen gegen den französischen IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn, der schließlich nach Vergewaltigungsvorwürfen zurücktreten musste. Auch trat sie als Anklägerin gegen die Rapper Ja Rule und Lil Wayne wegen illegalen Waffenbesitzes auf. Im Fall eines Mordes an einem Sechsjährigen brachte sie den mutmaßlichen Täter 2017 fast 40 Jahre nach dem Verschwinden des Kindes hinter Gittern.
Im Prozess gegen Ex-Filmproduzent Harvey Weinstein («Pulp Fiction», «Kill Bill») hat momentan die Staatsanwaltschaft unter Illuzzi die Führung. Sie ruft ihre Zeugen auf, die nach dem Eindruck vieler Prozessbeobachter glaubwürdig erscheinen. Die oft schwer zu verkraftenden und detaillierten Aussagen der Zeuginnen hinterlassen einen tiefen Eindruck.
Die Verteidigung führte wiederholt freundliche und teilweise romantische Mails an, die Zeuginnen nach den mutmaßlichen Taten an Weinstein schrieben. Dies stellte eine Psychiaterin vor Gericht als durchaus normales Verhalten von Vergewaltigungsopfern dar. Doch das muss noch keineswegs bedeuten, dass die zwölf Geschworenen dem folgen. Am Ende kommt es ganz allein auf diese fünf Frauen und sieben Männer an - darauf, ob sie eher der Darstellung Rotunnos oder Illuzzis glauben.