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Coronavirus-Verbreitung: Partikel schuld an jeder zweiten Infektion? - „So kleine Teilchen ...“

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Aerosole spielen eine immer größer werdende Rolle in der Corona-Forschung. Die kleinen Partikel könnten für jede zweite Infektion verantwortlich sein. Was kann man dagegen tun?

München - Bei der Erforschung von Corona-Infektionswegen nehmen Wissenschaftler zunehmend sogenannte Aerosole unter die Lupe. Damit wird ein Gemisch aus festen oder flüssigen Schwebeteilchen - wie Partikel von Sars-CoV-2 - in der Luft bezeichnet. Welche Rolle spielen Aerosole bei der möglichen Corona-Übertragung?

Corona: „Ziemlich sicher, dass Aerosole einer der Wege sind, über die sich Covid-19 verbreitet“

„Wir sind ziemlich sicher, dass Aerosole einer der Wege sind, über die sich Covid-19 verbreitet“, erklärt der frühere Präsident der Internationalen Gesellschaft für Aerosole in der Medizin, Gerhard Scheuch, vor kurzem der Deutschen Presse-Agentur. Schmierinfektionen etwa spielten eine geringere Rolle.

Es seien aber noch viele Fragen offen, so Scheuch - zum Beispiel, wie sich das Virus beim Sprechen verbreite oder welche Rolle die Temperatur spielt. „Da muss viel Forschungsarbeit gemacht werden“, sagte er. „Aber es wird gerade immer mehr in die Richtung geforscht.“ Längst nicht geklärt ist demnach auch, wie infektiös getrocknete Aerosole sind.

Corona/Aerosole: Partikel schuld an jeder zweiten Infektion?

Laut Robert Koch-Institut erfolgt die Übertragung des Virus hauptsächlich über Tröpfchen, die beim Husten und Niesen entstehen und beim Gegenüber über die Schleimhäute aufgenommen werden. Aerosole - definiert als Tröpfchenkerne kleiner als fünf Mikrometer - könnten aber ebenso dazu beitragen, „auch wenn eine abschließende Bewertung zum jetzigen Zeitpunkt schwierig ist.“

Virologe Christian Drosten* von der Berliner Charité spricht in seinem Podcast von einer Studie aus Hongkong, die sich mit der Wirkung von Aerosolen beschäftigt hat. Demnach seien die Partikel für die Ansteckung mit dem Coronavirus vermutlich ähnlich relevant wie die Tröpfcheninfektion. Die Studie legt nahe, dass Aerosole womöglich schuld an jeder zweiten Infektion sind. Auch in einem Restaurant in Leer waren sie wohl der Grund, dass sich viele Gäste infizierten

Corona/Aerosole: Wie lange bleiben die kleinen Partikel in der Luft?

Wie lange eine potenzielle Gefahr besteht, haben Forscher bereits untersucht: Ein Team aus den USA hat mit Laserlicht die Lebensdauer kleiner Tröpfchen in der Luft gemessen, die beim Sprechen entstehen. Demnach verschwinden sie in einer geschlossenen Umgebung bei stehender Luft erst nach 8 bis 14 Minuten. Im Fazit heißt es, „dass es eine erhebliche Wahrscheinlichkeit gibt, dass normales Sprechen in beschränkten Umgebungen eine Übertragung von Viren in der Luft verursacht“. 

Laut Scheuch könnten sich Aerosole in geschlossenen Räumen sogar über Stunden halten und infektiös sein. Ein Atemstoß enthalte 1000 Teilchen. „Draußen ist die Verdünnung stark, innen sammelt es sich.“

Aerosole als Corona-Problem und Masken machtlos? „So kleine Teilchen lassen sich schlecht filtern“

Abhilfe soll der Mund-Nase-Schutz* schaffen. Allerdings muss man dabei wissen, dass die Masken Partikel etwa mit einem Durchmesser bis zu zwei Mikrometern wohl nahezu gar nicht stoppen können. Dennoch hätten die einfachen Masken einen wichtigen Effekt, betont Christian Kähler vom Institut für Strömungsmechanik und Aerodynamik an der Universität der Bundeswehr München: „Sie bieten Strömungswiderstand. Anstatt dass man Partikel weit nach außen pustet, halten sie sich nah am Kopf.“

Scheuch sieht die Sache etwas pessimistischer und erklärt: Weil das Coronavirus nur rund 0,1 bis 0,14 Mikrometer groß sei, reichten nicht mal die sogenannten FFP-Masken*. „Die sind für größere Bakterien. Aber so kleine Teilchen lassen sich schlecht filtern.“ Schwebstofffilter seien wohl besser geeignet. Aber auch das sei noch zu erforschen.

Coronavirus: Maskenpflicht sinnlos? Fotos beweisen Gegenteil

Den Teufel an die Wand malen sollte man daher aber noch nicht, denn die Maskenpflicht zeigt durchaus ihre Wirkung, wie eine Studie nun bestätigte und auch die Bundeswehr München um Christian Kähler erforschte. Die beiden folgenden Fotos zeigen die Atemluft eines ausatmenden Mannes mit und ohne Mundschutz. Die ausgeatmete Luft ist farblich dargestellt.

Die Atemluft eines ausatmenden Mannes mit Mundschutz.
Die Atemluft eines ausatmenden Mannes mit Mundschutz. © dpa / Christian Kähler

Zum Vergleich: 

Die Atemluft eines ausatmenden Mannes ohne Mundschutz.
Die Atemluft eines ausatmenden Mannes ohne Mundschutz. © dpa / Christian Kähler

Corona/Aerosole: Drosten gibt Tipps - „damit kann man Aerosolkomponente verringern“

Entwickeln sich Aerosole letztlich trotzdem zu einem echten Problem? Es gibt auch gute Nachrichten, denn der entscheidendste Punkt, der Verbreitung der Partikel entgegenzuwirken, ist simpel: regelmäßiges und effektives Lüften, wie Christian Drosten gegenüber dem „Deutschlandfunk“ erläutert. „Wenn es denn so ist, dass ein Virus in der Raumluft steht, dann muss diese Raumluft natürlich bewegt werden und herausbefördert werden.“

Dies könne jeder auf einfache Art und Weise machen, Drosten weiter: „Das heißt, man macht das Fenster auf, setzt da einen großen Ventilator rein, der die Luft nach draußen bläst, und macht die Tür einen Spalt auf. Dann kann man natürlich so einen Raum auch entlüften und kann sicherlich auch so eine Aerosolkomponente verringern.“

Seit Dienstag funkt’s – und zwar im wörtlichen Sinne: Die neue Corona-App für unsere Handys ist einsatzbereit, man kann sie auf Android- und Apple-Geräten runterladen.

as/dpa

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