In diesem Zuge kann er auch einen anderen Virologen widerlegen. Der Franzose Luc Montagnier, Nobelpreisträger von 2008, hatte in einer TV-Show erklärt, das Coronavirus könne nur künstlich hergestellt worden sein, weil sich im Erbgut auch Sequenzen von HIV befinden würden. „Es ist schwierig für einen aktiven Wissenschaftler in der Virologie zu sagen, dass ein Nobelpreisträger im Fach Virologie Unsinn verbreitet“, urteilt Drosten: „Aber das ist kompletter Unsinn.“ Das Thema sei nun „einfach erledigt“.
Aber gerade das Vorpreschen von Forschern aus anderen Wissenschaftsbereichen kann Drosten nicht nachvollziehen: „Ich bin auch Professor. Aber ich würde mich nie trauen, irgendwelche Dinge an die Öffentlichkeit zu geben, die auch noch so viel Meinung beinhalten.“ Als Beispiel nennt er Bakterien, mit denen er sich nicht auskenne. Denn obwohl es landläufige Meinung sei, bei Viren und Bakterien handele es sich um „fast dasselbe“, wüssten Wissenschaftler eben, dass dem nicht so ist.
Drostens Vorwurf: Fachleute würden auf für sie fremdem Gebiet Informationen teilen, die jeder Grundlage entbehren: „Das sind Allgemeinplätze, die nicht über Kenntnisse von Studentenlehrbuchwissen hinausgehen.“ Und eben das sei besonders gefährlich: „So stärkt man den wirklich gefährlichen Verschwörungstheoretikern den Rücken. Das ist unverantwortlich.“ Auf wen genau Drostens Kritik anspielt, verrät er nicht.
Dafür hebt der gebürtige Emsländer einen Kollegen ausdrücklich lobend hervor: Karl Lauterbach. Der SPD-Politiker und Gesundheitsexperte braucht in diesen Tagen ein besonders dickes Fell, wird immer wieder zur Zielscheibe von Protestlern, die vehement umfassende Lockerungen fordern oder die Corona-Krise direkt als Staatselement zur Festigung und zum Ausbau der Macht erkannt haben wollen.
„Ich habe gelesen, wie er in die Kritik geraten ist. Da haben Kommentatoren geschrieben, er solle mal weniger in Talkshows gehen und mal darauf achten, wie er sich so verhält“, springt Drosten dem Bundestagsabgeordneten bei: „Das ist ein Zielen auf eine Person und damit ein Treffen des Inhalts, den die Person von sich gibt - aber dieser Inhalt ist vollkommen richtig.“
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Lauterbach gebe lediglich den „Stand der Dinge“ wieder: „Der kennt sich aus und ist von seiner Grundausbildung Epidemiologe.“ Aufgrund seiner Expertise „ist es auch erstmal egal, ob irgendjemand findet, dass er zu viel in Talkshows sitzt. Er geht in die Öffentlichkeit und informiert mit richtigen Inhalten.“
So hatte der passionierte Fliegenträger zuletzt etwa die sehr wahrscheinliche Effizienz von Pool-Tests herausgestrichen. Aber auch die raschen Lockerungen im Gastronomiegewerbe* kritisiert. Denn in geschlossenen Räumen entstünden eben durch Ausatmen und Husten Aerosole, so Drosten. Entsprechend müsse eine Luftzirkulation gegeben sein.
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Dagegen seien Außenbereiche von Restaurants eine relativ sichere Zone, zumal „ein Zwei-Meter-Abstand wahrscheinlich gar nicht notwendig“ sein wird. Die Ansteckungsgefahr* also weitgehend gebannt ist. Drostens Erläuterung: „Das weht eh weg, was über Aerosol-Übertragung verbreitet wird.“ Für den Innenbereich sei es unerlässlich, die Fenster zu öffnen.
Abhilfe für Lokale ohne Außenbereich könne im Grunde simpel geschaffen werden. So regt Drosten einen Tick weniger Bürokratie in diesen ungewöhnlichen Zeiten an: „Warum erlaubt man Gastronomen nicht, die Bürgersteige mitzubenutzen? In diesen Zeiten kann man doch auch mal bei den Kommunen Ausnahmen machen und sagen, dass die Kneipen ihre Tische auf den Bürgersteig stellen - solange sie damit nicht Passanten gefährden.“
Ein Vorschlag, der auch von Beschränkungs-Gegnern wohlwollend aufgenommen werden dürfte. Unter anderem denen, die Drostens Expertise zuletzt nicht viel abgewinnen wollten.
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mg