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Coronavirus-Ende durch Impfstoff? Virologe Streeck malt ein finsteres Szenario - „vielleicht wird es keinen ...“

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Kann man Corona mit Tests, Quarantäne und Unterbrechung der Infektionsketten beenden? Auf keinen Fall, ist sich Virologe Hendrik Streeck sicher - und fordert ein Umdenken.

Frankfurt am Main - Auf dem Weg zu einer Art Arrangement mit dem Sars-CoV-2-Virus* plädiert Virologe Hendrik Streeck für Pragmatismus, vor allem auch bei den politischen Entscheidern - und warnt gleichzeitig vor falschen Erwartungen. „Es ist wichtig, auch Szenarien zu entwerfen für den Fall, dass es vielleicht keinen Impfstoff geben wird“, sagte er nun der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ).

Streeck begründet das damit, dass man bisher für keines der verschiedenen Coronaviren* einen Impfstoff gefunden habe - ähnlich wie bei Malaria, Dengue, Tuberkulose oder HIV. „Es gibt keinen Universalimpfstoff.“ Wie bei der Influenza müsse man jedes Jahr erneut einen Impfstoff entwickeln. Alle Sars-CoV-2 Infektionen* zu unterbinden sei unmöglich - „und es stellt sich die Frage, ob das überhaupt sinnvoll und notwendig ist“, meinte Streeck.

Virologe Hendrik Streeck von der Universität Bonn.
Virologe Hendrik Streeck schreibt einen „Superimpfstoff“ gegen das Coronavirus ab. © dpa / Federico Gambarini

Coronavirus: Virologe Streeck hält Begriff „zweite Welle“ für falsch

Nicht unbedingt notwendig deshalb, weil Streeck im Gespräch mit der FAZ davon ausgeht, dass die Mehrheit der Infizierten einen milden bis asymptomatischen Krankheitsverlauf habe. „Wir müssen Maßnahmen für jene finden, die einen schweren Verlauf haben, und genau diese Menschen schützen“, fordert er deshalb.

Auf die Risiko-Ansteckungszeit Urlaub angesprochen, räumt Streeck mit dem Begriff „zweite Welle“ auf, der aus seiner Sicht „irreführend“ ist. „Wir müssen realisieren, dass das Virus hier ist und nicht mehr weggehen wird, dass wir es gewissermaßen mit einer Dauerwelle zu tun haben.“ 

Dabei müsse die Urlaubszeit kein erhöhtes Risiko bergen, da im Sommer die Ausbreitung eher asymptomatisch im Vergleich zum Winter sei - und betont in dem Interview erneut: „Unser Ziel kann es nicht sein, das Virus auszutreiben. Das wird nicht möglich sein.“

Coronavirus-Massenstests: Virologe Streeck warnt vor „trügerischer Sicherheit“ 

Was den Pragmatismus im Umgang mit Corona angeht, hält Streeck die diskutierten Massentests vor Fußball-Spielen oder Konzerten für eine Möglichkeit, die „zumindest einen Großteil“ der Ansteckungen verhindern könnte. Zu viel Enthusiasmus sei nach Streecks Ansicht* aber nun fehl am Platz: „Man kann sich im Testzentrum anstecken und zwei Tage später infektiös sein. Daher muss man auch Massentests ein wenig kritisch sehen, weil sie ein trügerisches Gefühl von absoluter Sicherheit vermitteln können.“

Coronavirus: Streeck zu Anfeindungen gegen Drosten & Co.

In dem Interview ist auch ein vermeintlicher Virologen-Streit Thema. Davon will Streeck nichts wissen:„Meinungsverschiedenheiten würden Christian Drosten und ich normalerweise gemeinsam am Tisch diskutieren und das war’s. Von außen wird das oft zum Skandal aufgebauscht, wie man miteinander umgeht.“  In der Wissenschaft gäbe es nicht die richtige und die falsche Meinung. Es liege nicht ein Einzelner richtig, meist liege die Wahrheit im Mittelweg. Aus dieser Dialektik entwickele sich die wissenschaftliche Arbeit.

Dennoch werden Virologen im Zuge der Corona-Krise auch angefeindet. Darauf angesprochen, wiegelt Streeck ab: „Bei mir überwiegen positive Zuschriften.“ Viel mehr belastet ihn aber offenbar, „wenn unterstellt wird, wir verfolgten eine geheime Agenda.“ Virologen lebten in der gleichen Pandemie, betont Streeck.

Im Umgang mit dem Coronavirus stand auch die Öffnung von Kitas zur Debatte. Das RKI empfiehlt, Kinder mit Symptomen nicht in Betreuungseinrichtungen zu schicken. Mediziner kritisieren das. Im Wettstreit um einen Corona-Impfstoff soll Russland Hacker-Angriffe durchgeführt haben. Das Vereinigte Königreich, Kanada und die USA prangern an und warnen vor mehr. Eine neue Corona-Entwicklung in Deutschland: Nach nur einem Tag Produktion steht die Schlachtung beim Fleischkonzern Tönnies in Rheda-Wiedenbrück schon wieder still. Zuvor musste der Betrieb wochenlang wegen eines massiven Corona-Ausbruchs pausieren. Auch am Klinikum Freising „pausiert der Betrieb“. Nach dem Corona-Ausbruch auf der Krebsstation gilt für das Wochenende nicht nur ein Besuchsverbot, sondern wohl auch ein Aufnahmestopp. Zuvor mussten sich zahlreiche Mitarbeiter einem Massentest unterziehen. Die Klinikleitung hat nun einen eindringlichen Appell an die Bevölkerung ausgegeben.*Merkur.de gehört zum Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerk.

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