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Marylyn Addo (UKE) über Biontech-Impfstoff Risiken und Nebenwirkungen

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Welche Nebenwirkungen treten beim Coronavirus-Impfstoff von Biontech/Pfizer auf? UKE-Expertin Marylyn Addo klärt über die Risiken auf.

Update vom 26. Dezember, 14:20 Uhr: Berlin – Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gibt Auskunft darüber, warum mit der Zulassung des Corona-Impfstoffs noch nicht alle Nebenwirkungen bekannt sind: „Seltene oder sehr seltene unerwünschte Wirkungen, Wechselwirkungen oder andere Risiken im Zusammenhang mit der Arzneimittelanwendung können in klinischen Prüfungen üblicherweise nicht erkannt werden.“ Das läge wohl an der zu geringen Zahl an Probanden.

Eine weitere Überwachung von Nebenwirkung nach der EU-Zulassung wird aber weiter sichergestellt. Dafür hat jedes Land seine eigene Institution. In Deutschland ist dies das Paul-Ehrlich-Institut (PEI). Verbraucher können hier bereits Nebenwirkungen über ein Online-Portal einreichen unter nebenwirkungen.bund.de. Dabei ist die Angabe von personenbezogenen Daten nicht zwingend notwendig.

Zwei Frau packen den Biontech-Impfstoff in einen Kühlschrank. Darüber das Etikett eines Impfstoffkartons und links unten eine Ampulle des Coronavirus-Impfstoffs von Pfizer mit Nebenwirkungen für Allergiker.
Impfstart des Biontech-Pfizer-Impfstoffs in Deutschland. Nebenwirkungen werden weiter erforscht. (24hamburg.de-Montage) © Nicolas Maeterlinck/dpa/BELGA & Ministerstvo Zdravotníctva Sr/dpa/TASR

Außerdem soll es eine App geben, um solche Meldungen künftig noch einfacher zu erfassen. Gesundheitsminister Jens Spahn will die App bereits zum Start der Impfungen * fertig haben. Nach Angaben des PEI ist es über die App möglich an einer Beobachtungsstudie teilzunehmen.

Für Nebenwirkungen von Impfungen generell und Medikamenten im Allgemeinen, die in anderen Teilen Europas bekannt werden, gibt es die EudraVigilance-Datenbank und die Europäische Arzneimittelagentur (EMA). In der Datenbank müssen Hersteller alle Informationen zu Verdachtsfällen von Nebenwirkungen hinterlegen. Dazu sind sie gesetzlich verpflichtet.

Die aktuellste Impf-Bilanz des REI konnte übrigens bei keinem Verdachtsfall einen direkten Zusammenhang zwischen Impfung und Todesfolge oder schweren Schäden feststellen. Details zu bekannten Impfkomplikationen liefert ruhr24.de. Laut Merkur sind zudem diese Impfreaktionen völlig normal *.

Corona-Impfstoff: So gefährlich ist Corona-Wunderwaffe wirklich

Update vom 17. Dezember, 8:13 Uhr: Hamburg – Wie Experten der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung in Berlin erklärt, ist es möglich, dass bei der Zulassung eines Corona-Impfstoffs sehr seltene Nebenwirkungen nicht bekannt sein können. Wie die Hamburger Morgenpost unter Berufung auf die Bundeszentrale berichtet, werden die Impfstoffe daher nach einer vorherigen intensiven Prüfung vor der Marktzulassung auch nach selbiger weiterhin ständig kontrolliert. Die Nebenwirkungen und Impfreaktionen werden deutschlandweit vom Paul-Ehrlich-Institut (PEI) unabhängig vom Hersteller erfasst. Durch die Bündelung nationaler und internationaler Beobachtungen werde sichergestellt, dass auch Risiken aufgezeichnet werden, die erst bei einer sehr großen Anzahl durchgeführter Impfungen sichtbar werden. Geimpfte, die den Verdacht einer Nebenwirkung haben, können dies ihrem Arzt oder dem Institut auf dessen Internetseite melden.

Corona-Impfstoff: Warnung für Allergiker bei Impfstoff von Biontech/Pfizer

Update vom 14. Dezember 2020, 08.13 Uhr: Hamburg – Wie jetzt bekannt wurde, gibt es bei dem Impfstoff Biontech/Pfizer eine Warnung für Allergiker. Seit vergangener Woche wird der Corona-Impfstoff des Mainzer Unternehmens Biontech in Kooperation mit dem US-Unternehmen Pfizer in England geimpft. Mehrere hundert Menschen haben den Stoff laut englischen Behörden schon verabreicht bekommen. Nun gibt es die erste Warnung: Allergiker sollen sich vorerst nicht gegen Corona impfen lassen. Bei zwei Personen mit Allergie wurde eine allergische Reaktion * nach der Corona-Impfung festgestellt. Wer also signifikante Allergien gegen Medikamente, Lebensmittel oder Impfstoffe habe, solle auf eine Impfung zunächst verzichten, so die Behörde.

Eine Frau geht an Impfkabinen im Nürnberger Corona-Impfzentrum auf dem Messegelände vorbei.
Wer nach einer Corona-Impfung über Nebenwirkungen klagt, sollte sich beim Arzt melden (24hamburg.de-Montage). © Daniel Karmann/dpa/picture alliance

Erstmeldung vom 10. Dezember 2020, 20.51 Uhr:

Hamburg — Die Zahl der Corona-Toten in Stadt Hamburg* stieg zuletzt an. Gleiches galt zuletzt für den Inzidenzwert in der Hansestadt. Der Lockdown aufgrund der Corona-Krise gilt noch immer. Unter Umständen gibt es in Kürze ein weiteres Treffen der Ministerpräsidenten der Länder — und in Folge des nächsten Corona-Gipfels dann neue Lockdown-Bestimmungen. Kurzum: SARS-CoV-2 wirbelt den Alltag der Hamburger mächtig durcheinander. Die große Hoffnung liegt auf den Impfungen gegen das Coronavirus, die ab Mitte Dezember in den Messehallen* der Stadt Hamburg möglich sein sollen. Doch wie sicher sind die Impfstoffe eigentlich?

Ärztin, Infektiologin und Forscherin:Marylyn Addo
Geboren:1970 (Alter: 50 Jahre) in Troisdorf
Vollständiger Name:Marylyn Martina Addo
Ausbildung:London School of Hygiene and Tropical Medicine, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
Forschungsschwerpunkt:SARS-CoV-2-Virus

Coronavirus: Impfstoff-Informationen sind derzeit größtenteils „Wissenschaft per Pressemitteilung“

Wie Professorin Marylyn Addo, Infektiologin im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf*(UKE) gegenüber dem „Abendblatt“ sagt, handele es sich bei den derzeit zu den Impfstoffen vorliegenden Informationen größtenteils um Wissenschaft per Pressemitteilung. „Die ausführlichen Publikationen liegen uns bislang noch nicht vor“, erklärte sie. Diese aber brauche man für „eine genauere Betrachtung. Es handelt sich dabei um gewaltige Datensätze“, so Addo weiter, die darauf verweist, dass im Zuge der Zulassung eines Impfstoffes größere Gefahren belegbar ausgeschlossen werden müssten. „Man kann deshalb davon ausgehen, dass die Präparate sicher und eine starke Waffe sind“, erläuterte die 50-Jährige.

Professor Marylyn Addo spricht auf einer Pressekonferenz am Universitätsklinikum Eppendorf.
Infektiologin Marylyn Addo hält die Impfstoffe für „sicher und eine starke Waffe.“ © Ulrich Perrey/dpa/picture alliance

Corona-Impfung: UKE-Infektiologin Marylyn Addo stuft Präparate als „sicher“ und „starke Waffe“ ein

Stichwort Gefahren: Nimmt man den Impfstoff des Mainzer Herstellers Biontech, so gibt dieser an, dass 3,8 Prozent der Probanden, an denen der Impfstoff getestet wurde, über Abgeschlagenheit und zwei Prozent über Kopfschmerzen berichten, die so stark sind, dass die Probanden im Alltag beeinträchtigt sind. Ältere Probanden zeigten in den Tests weniger Nebenwirkungen als jüngere. Und: Die Symptome waren nicht von dauerhafter Natur. Auch der Konzern Moderna hat einen Impfstoff entwickelt. Bei diesem treten nach der zweiten Dosis moderate Nebenwirkungen auf.

Wie Addo gegenüber dem „Abendblatt“ berichtet, ist sie selbst Probandin für einen noch in der Entwicklung befindlichen Impfstoff: „Ich wollte einen Beitrag leisten“, so die Infektiologin, bei der bisher keine Nebenwirkungen auftraten. Dies könne aber auch daran liegen, dass sie zur Gruppe der Kontrollprobanden zählt. Diese bekommen nur einen Placebo verabreicht.

Coronavirus: Marylyn Addo stellt sich selbst als Probandin für Impfstoff-Tests zur Verfügung

Ebenso wie Addo erklärt mit Thomas Jacob vom Bernhard-Nocht-Institut ein weiterer Hamburger Experte: Die Anwendung der Impfstoffe ist sicher. „Grundsätzlich ist das Verfahren nicht neu. Zudem hat mRNA-Impfstoff den Vorteil, dass er sich sehr schnell produzieren lässt“, sagt der Immunologe. Zum ersten Mal kommen bei der Corona-Impfung vor allem sogenannte mRNA-Vakzine großflächig zum Einsatz. „mRNA kann nicht ins Erbgut eindringen. Dafür gibt es keine wissenschaftliche Grundlage“, erklärt Addo, fügt aber hinzu: „Ein Restrisiko mit Blick auf Langzeitfolgen besteht immer. Es ist jedoch sehr gering einzuschätzen und alle derzeitigen Entwicklungsprogramm untersuchen explizit diese Phänomene.“

Genau dahingehend aber hätten Testreihen mit mehreren zehntausenden Probanden pro Impfstoff bis dato keinerlei Hinweise geliefert. „Bei Corona-Impfstoffen aus China wird eine abgeschwächte Version des Virus eingesetzt – das birgt in dieser Hinsicht eher Risiken. Bei den Präparaten, die nun hierzulande verfügbar sein werden, würde ich mich klar für die Impfung entscheiden“, sagt Thomas Jacobs. Die Impfung für „Risikogruppen und medizinisches Personal wäre sinnvoll“, befindet Addo. Sorgen bereitet den Experten eher etwas anderes: dass es Menschen gibt, die sich nicht oder nicht schnell impfen lassen wollen. In Hamburg können sich die Menschen derweil auf dem Spielbudenplatz im Stadtteil St. Pauli dafür nun in einem weiteren Testzentrum auf das Coronavirus testen lassen.

Coronavirus: Die große Sorge ist, dass Menschen sich nicht oder nicht schnell impfen lassen wollen

„Neben den hartgesottenen Impfgegnern dürfte es eine größere Gruppe geben, die erst einmal abwartet“, so Thomas Jacobs, der „weitere, grundsätzlich offene Fragen“ sieht. Wie zum Beispiel die, ob Impfungen nur vor einer Erkrankung schützen oder auch die Übertragung des Virus verhindern. Oder die, ob die Impfstoffe bei älteren Menschen so wirken wie sie sollen. „Die Probanden in solchen Testreihen sind in der Mehrheit jüngere Menschen zwischen 18 und 55 Jahren ohne bekannte Vorerkrankungen“, erklärt Jacobs. Was die Verhinderung der Übertragung des Virus angeht, sagt Addo, dass dies „bei einem gewissen Prozentsatz der Fall sein“ könnte.

Coronavirus: UKE hat für Impfstoff-Projekt Genehmigung für Start in Phase zwei beantragt

Sicher sind sich die beiden Experten darin, dass sich „in den kommenden Monaten zeigen wird, welcher Impfstoff für welche Gruppe besonders verträglich“ sein wird, wie Addo sagt. Laut Jacobs liege zudem ein Vorteil darin, dass „wir es mit einem vergleichsweise einfach gestrickten Virus“ zu tun haben. Entsprechend werde die Zahl der ausgereiften Impfstoffe noch zunehmen. Derzeit listet die WHO 50 Corona-Impfstoff-Kandidaten in der klinischen Prüfung auf. Das UKE hat für sein eigenes Impfstoff-Projekt die Genehmigung für dem Start in die zweite Phase beantragt. „Wir hoffen, zu der zweiten Generation von Impfstoffen beitragen zu können, die verfügbar sein wird“, verrät Marylyn Addo. *24hamburg.de, merkur.de, ruhr24.de und echo24.de sind Teil des Ippen-Digital-Netzwerks.

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