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„Unerhört und unfair“: Händler erzürnt, dass Drogerien wie Müller und Co. trotz Lockdown ganzes Sortiment anbieten

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Orangefarbenes Müller-Logo vor einer Glasscheibe.
Die Drogeriekette Müller sorgt bei lokalen Händlern für Ärger, denn dort werden nach wie vor Spielsachen und Co. verkauft. Lebensnotwendig sei das nicht. © picture-alliance/ dpa / Zucchi Uwe

Einige Einzelhändler in Ludwigsburg fühlen sich gegenüber Drogeriemarktketten wie Müller benachteiligt, weil diese nach wie vor ein vielfältiges Sortiment verkaufen, während andere Geschäfte schließen mussten.

Ludwigsburg - Die Verbote und Maßnahmen zum Schutz* vor dem Coronavirus in Baden-Württemberg* mündeten zuletzt in einem harten Lockdown*. Geschäfte bleiben zu, außer sie sind systemrelevant. Den Einzelhandel trifft das besonders hart. Was viele unfair finden: Während die kleinen Händler mindestens noch bis zum 31. Januar die Füße still halten müssen, verkaufen Müller und Co. weiterhin fröhlich ihr Mischsortiment - das neben Drogerieartikeln zum Beispiel auch Spielzeug, Bücher, Schreibwaren, Kleidung oder Videospiele enthält.

Das vielseitige Sortiment von Müller sorgt für Empörung*. Während der stationäre Einzelhandel wochenlang nicht einmal Online-Bestellungen mit Selbstabholung annehmen durfte, verkauften die Drogerien auch auf diesem Wege ihre Ware an die Kunden. Eine Händlerin aus Ludwigsburg* beobachtet die Entwicklungen und fühlt sich benachteiligt. Silke Zinthäfner betreibt einen Spielzeugladen in der Solitudestraße: „Spiel+Freizeit Zinthäfner“. Für sie ist es schwer zu verstehen, nach welchen Kriterien stationäre Händler schließen müssen und Drogerien mit gleichem Warensortiment weiter öffnen dürfen.

Müller Drogerie: Vorwurf derm „Wettbewerbsverzerrung“ und „unfairen Regelung“

Silke Zinthäfners Laden in Ludwigsburg bleibt seit dem harten Lockdown Mitte Dezember komplett geschlossen. Nur einen Katzensprung entfernt, im Einkaufszentrum Wilhelmsgalerie, herrscht derweil das blühende Leben: Dem Drogeriemarkt Müller rennen die Kunden förmlich die Türen ein. Gegenüber der Ludwigsburger Kreiszeitung (LKZ) spricht Silke Zinthäfner von „Wettbewerbsverzerrung“ und einer „unfairen Regelung“.

Es ist nachvollziehbar, dass sich gerade Silke Zinthäfner als Spielwarenhändlerin Gedanken macht. Denn bei Müller um die Ecke werden fleißig Gesellschaftsspiele, Lego, Puzzle und mehr gekauft. Die LKZ schreibt, dass kurz vor Weihnachten im Gedränge nicht mal die Abstände eingehalten werden konnten.

Müller Drogerie darf weiter verkaufen - stationäre Einzelhändler fühlen sich stark im Nachteil

Ähnlich wie Zinthäfner geht es im Lockdown vielen anderen Händlern vor Ort. Annette Dobesch etwa, Inhaberin der Parfümerie Schuback am Ludwigsburger Schillerplatz, findet die Regelungen zum Lockdown „unerhört und unfair dem privaten Handel gegenüber“, wie sie der LKZ erzählt. Sie fordert, dass Drogeriemärkte wie Müller Bereiche mit Produkten absperren müssen, die Einzelhändler wegen ihrer Zwangsschließung derzeit nicht verkaufen können - etwa solche mit Parfüms, Spielwaren oder CDs.

Julius Raether, Geschäftsführer des Familienbetriebs Fotoprofi, ehemals Hobbyfoto, in der Ludwigsburger Seestraße, muss zuschauen, wie die Drogerien weiterhin Fotozubehör anbieten dürfen, während er die Schotten dicht machen usste. „Es ist nicht in Ordnung, dass die Handelsriesen von der Krise profitierten und die lokalen, inhabergeführten Ladengeschäfte das Nachsehen haben“, meint auch er. „In Drogeriemärkten stehen die Leute dicht an dicht an den wenigen Terminals für die Bilderbestellung, während unsere Fachgeschäfte geschlossen bleiben müssen.“

Müller Drogerie stiehlt Fotoläden, Parfümerien und Co. die Kunden - schwere Folgen

Privat befürworten viele Händler die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie, wie sie betonen. So auch Jan Gallas, der das Fotostudio Gallas in der Ludwigsburger Kirchstraße führt. Trotz seiner Zustimmung zu den allgemeinen Maßnahmen verweist er darauf, wie schwer Einzelunternehmen wie Fotografen unter dem Lockdown leiden. Schwer ins Gewicht fallen für Jan Gallas vor allem die fehlenden Abibälle, Hochzeiten und Schulveranstaltungen, bei denen er sonst fotografiert hat.

Ein winziger Lichtblick für den lokalen Einzelhandel ist wider aller Strapazen in Sicht. Trotz verlängertem Lockdown gibt es eine Lockerung*: Online-Bestellungen und eine anschließende Abholung im Laden sind ab jetzt wieder erlaubt. Vielen Händlern in Baden-Württemberg ist das jedoch nicht genug: Den verlängerten Lockdown wollen sie nicht akzeptieren und trotzdem öffnen*. Im Zuge dessen haben sie sich zu einer Initiative namens „Wir machen auf“ zusammengeschlossen. *BW24 ist Teil des Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerkes.

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