Update, 20. Juli: Beim Kampf gegen das Coronavirus in NRW und ganz Deutschland befanden sich in der Bilanz zwischen Ende Mai und Mitte Juni die Zahlen auf einem guten Weg. Täglich gab es deutschlandweit gerade einmal im Durchschnitt 300 bis 400 Neuinfektionen mit dem Virus Sars-CoV-2. Der Tiefpunkt war zwischen dem 17. und 19. Juni 2020 erreicht. Deutlich weniger als 5000 Menschen waren nur noch „aktiv“ in Deutschland an Covid-19 erkrankt. Die Regeln für die Bevölkerung konnten zurückgefahren werden, es kam zu vielen Lockerungen im öffentlichen Leben.
Doch dann kam Tönnies: Im Schlachthof des Fleischzerlegers in Rheda-Wiedenbrück verbreitete sich Anfang Juni massenhaft das Coronavirus. Über 2000 Mitarbeiter und deren Angehörige erkrankten an Covid-19. Erst seit Mitte Juli darf bei Tönnies wieder geschlachtet werden*, berichtet wa.de*.
Die Reproduktionszahl sprang während der akuten Phase des Corona-Ausbruchs bei Tönnies kurzfristig auf einen Wert von fast 3. Zur Erklärung: Dies bedeutet, dass im Durchschnitt ein mit Sars-CoV-2 Infizierter drei weitere Menschen ansteckt. Es kam in NRW wieder zu einem Lockdown. Der Kreis Gütersloh und der Kreis Warendorf mussten sich wieder an strengere Regeln halten und Lockerungen wurden zurückgekommen. Die Zahl der aktiven Fälle der am Coronavirus Erkrankten stieg in diesem Zeitraum zwischenzeitlich auf fast 7000 in ganz Deutschland.
Seit dem starken Anstieg der Infizierten wird so viel getestet wie nie - und damit gibt es auch mehr Infektionen mit dem Coronavirus. Allein 2119 Fälle sind durch die Tests im Anschluss an den Tönnies-Massenausbruch Mitte Juni aufgefallen, dass bestätigte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann.
Zur Verdeutlichung: Das Robert-Koch-Institut (RKI) hat bekannt gegeben, dass deutschlandweit in der 29. Kalenderwoche (13. bis 19. Juli) insgesamt 531.571 Tests durchgeführt wurden, in der Vorwoche waren es noch rund 30.000 weniger. So viele Tests hatte es bis dato bundesweit noch nie gegeben.
Erfreulich ist dabei die Positivenrate: Es sind laut RKI-Informationen weiterhin nur 0,6 Prozent der Tests positiv - durch die Vielzahl an Tests bedeutet das aber auch mehr Fälle.
Die zwischenzeitliche Krise im Juni und Juli im Kampf gegen das Coronavirus in NRW und Deutschland wurde überwunden. Der Lockdown in NRW hatte Erfolg und die Zahlen sind wieder allmählich zurückgegangen. Die Kurve sank bis Mitte Juli wieder in beruhigende Regionen. Aktuell sind weniger als 5000 Menschen in Deutschland an Covid-19 erkrankt. NRW lockerte weitere Regeln*. Die Reproduktionszahl pendelt wieder rund um den Wert von 1.
Update, 17. Juli: Leider sind die aktuellen Zahlen vom 16. und 17. Juli gar nicht erfreulich. Das Coronavirus verbreitet sich offenbar wieder stärker, vor allem in NRW. Am Donnerstag meldete das Robert-Koch-Institut (RKI) in Deutschland 534 Neuinfektionen mit Sars-CoV-2. Leider war die Zahl vom Freitag noch schlechter: Hier kam das RKI auf 583 Neuinfektionen - das war der höchste Wert an einem Tag im ganzen Juli. Auch in den einzelnen Kreisen stieg die Zahl der Infektionen wieder an. So waren die Zahlen im Märkischen Kreis wieder hoch*. Darüber hinaus standen rund 100 Reiserückkehrer aus Risikoländern unter Quarantäne, die auf das Ergebnis ihres Corona-Tests warten.
Vor allem NRW war wieder von der verstärkten Verbreitung des Coronavirus betroffen. Man muss aber natürlich immer vorneweg schieben, dass Nordrhein-Westfalen auch das bevölkerungsstärkste Bundesland in Deutschland ist. Es ist nur logisch, dass NRW die höchsten absoluten Zahlen hat. Von den 583 Neuinfektionen mit Sars-CoV-2 in Deutschland stammten allein 322 aus NRW. Auch das war der höchste Wert seit drei Wochen. Von der Entwicklung der Neuinfektionen ist abhängig, wie das öffentliche Leben in NRW weitergeht. Vor allem Eltern beschäftigt die Frage, ob die 6.000 Schulen im Land wie geplant ab Mitte August wieder öffnen können*.
Auch bei der Reproduktionszahl gab es eine bedenkliche Entwicklung: Der R-Wert lag für Deutschland bei 1,10 - der höchste Wert seit dem 23. Juni. Nun stellte sich die wichtige Frage: Woher kam diese Entwicklung? Verbreitet sich das Coronavirus tatsächlich wieder stärker? Auffällig: Es gab keinen Hotspot in Deutschland und NRW. Ein wichtiger Wert ist die 7-Tages-Inzidenz: Wie viele Menschen pro 100.000 Einwohner infizieren sich innerhalb von 7 Tagen mit Sars-CoV-2? Ein kritischer Wert wäre hier 50. Im Kreis Gütersloh lag es in der Tönnies-Krise bei über 200.
Nirgendwo in Deutschland liegt der Wert höher als im Landkreis Bad Tölz (26). Von daher scheint das Coronavirus aktuell überall gut eingegrenzt. Aber: Offenbar verbreitete sich Sars-CoV-2 wieder mehr in der Fläche. Mitte Juni waren fast 150 Städte und Landkreise in Deutschland für mehrere Tage frei von Neuinfektionen mit Sars-CoV-2. Mitte Juli galt das nur noch für etwas mehr als 100 Landkreise und Städte.
Fazit: Es ist immer möglich, dass Zahlen wie Mitte Juli nur Ausreißer nach oben waren. Es war auch nur eine Frage der Zeit, wann sich die Lockerungen negativ auswirken und die erste Rückreisewelle aus dem Urlaub zurück ins Land kommt. Trotzdem muss genau geschaut werden, in welche Richtung sich die Zahl der Neuinfektionen wieder bewegt. Lockerungen stehen auf dem Spiel. *wa.de ist Teil des Ippen-Digital-Netzwerks.