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Tod nach dem Abendessen: Kind stirbt an Pilzvergiftung – Ärzte handeln zu spät

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In Frankfurt ist ein Kind an einer Pilzvergiftung gestorben. War das Unglück zu verhindern? Die Staatsanwaltschaft erhebt schwere Vorwürfe gegen die behandelnden Ärzte.

Frankfurt - Es sollte ein leckeres Abendessen werden, endete aber mit dem Tod des jüngsten Familienmitglieds: Ein Vater aus Frankfurt-Fechenheim hat im August 2017 aus dem Wald vermeintlich essbare Pilze mit nach Hause gebracht, die er glaubte, aus seiner syrischen Heimat zu kennen. 

Offenbar hatte er sie aber verwechselt: Wie sich herausstellte, hatte der damals 49-Jährige versehentlich einen giftigen Grünen Knollenblätterpilz* für sich und seine drei Töchter zubereitet. Der Knollenblätterpilz enthält das Gift Amatoxin und kann unheilbare Leberschäden verursachen. In der Folge erlitten der Vater und seine Töchter schwere Leberschäden, die jüngste Tochter verstarb bei einer Transplantation im Krankenhaus.

Kind mit tödlicher Pilzvergiftung: Zwei Ärzte angeklagt

Die Familie war zuvor bei zwei Ärzten vorstellig geworden, die zwar eine Pilzvergiftung diagnostizierten, aber offenbar nicht angemessen behandelten. Deshalb hat die Staatsanwaltschaft Frankfurt jetzt Anklage wegen fahrlässiger Körperverletzung und fahrlässiger Tötung gegen die beiden Ärzte erhoben. 

Sie wirft den Ärzten vor, dass die Folgen der Pilzvergiftung nicht so dramatisch ausgefallen wären, wäre die Familie in ein Krankenhaus eingewiesen und wären frühzeitig Gegenmaßnahmen ergriffen worden. Die Ärzte hätten somit ihre Sorgfaltspflicht verletzt und schuldhaft den Tod des jüngsten Kindes sowie körperliche Verletzungen der drei anderen Patienten verursacht.

Kind mit tödlicher Pilzvergiftung in Frankfurt: Was geschah im August 2017 im Krankenhaus?

Am Morgen des 23. August 2017, dem Tag nach dem Verzehr der Mahlzeit mit dem verwechselten Pilz, suchte die Familie einen Allgemeinmediziner in Frankfurt auf. Der Vater berichtete dem Arzt von dem Gericht mit gesammelten Pilzen und davon, dass alle vier seit dem Verzehr an Übelkeit, Erbrechen und Durchfall litten. 

Der Arzt führte der Staatsanwaltschaft Frankfurt zufolge aber keine Untersuchung durch, sondern diagnostizierte „eine Pilzvergiftung oder Magenverstimmung“ und verschrieb Medikamente gegen Übelkeit und Erbrechen. Außerdem empfahl er den Patienten, viel Wasser zu trinken. Eine Überweisung in eine Krankenhaus gab es zunächst nicht. 

Da es der Familie am frühen Nachmittag noch nicht besser ging, suchte sie den unabhängigen ärztlichen Bereitschaftsdienst auf dem Gelände der Uniklinik Frankfurt auf - aber die diensthabende Ärztin bestätigte lediglich die Diagnose und Behandlung des zuvor konsultierten Allgemeinmediziners, ebenfalls ohne eine körperliche Untersuchung durchzuführen.

Pilzvergiftung: Familie aus Frankfurt kommt zu spät ins Krankenhaus

Am Tag darauf wurden der Vater und seine drei Töchter, zu dem Zeitpunkt zwölf, zehn und fünf Jahre alt, als Notfälle in verschiedene Kliniken eingeliefert – sie schwebten mittlerweile in Lebensgefahr. Beim Vater wurde durch die Pilzvergiftung ein akutes Leber- und Nierenversagen, bei der zehn Jahre alten Tochter ebenfalls Leberversagen und bei der Zwölfjährigen eine Lebersynthese-Störung diagnostiziert. 

Die Leber der jüngsten Tochter war besonders stark geschädigt: Ihr musste am 28. August 2017 eine Spenderleber transplantiert werden. Zunächst sah alles gut aus*, aber die Spenderleber funktionierte schon ein Dreivierteljahr später im Frühjahr 2018 nicht mehr. Die damals Sechsjährige sollte im Mai 2018 eine neue Leber bekommen. Bei dieser Operation verstarb das Kind im Krankenhaus. 

Pilzvergiftung: Staatsanwaltschaft Frankfurt klagt Ärzte wegen fahrlässiger Tötung des jüngsten Kindes an

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt kommt zu dem Schluss: Die Operation, bei der das Mädchen verstarb, wäre nicht nötig gewesen, hätten die beiden Ärzte in Frankfurt die Pilzvergiftung rechtzeitig adäquat behandelt. 

Sie erhebt gegen den 52 Jahre alten Hausarzt und die 45 Jahre alte Fachärztin für Anästhesie Anklage wegen fahrlässiger Tötung in einem Fall und fahrlässiger Körperverletzung in drei Fällen. Einen Termin für die Hauptverhandlung muss das Landgericht Frankfurt noch bestimmen.

Von Ines Alberti

*fnp.de ist Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerks.

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