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Karlsruhe: Bordelle sollen kirchliches Gütesiegel bekommen

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Eine Sexarbeiterin mit Wollsocken und Pömps sitzt in einem Studio.
Das Diakonische Werk Karlsruhe will Gütesiegel für Bordelle etablieren. © Sebastian Gollnow/dpa

Das Diakonisches Werk Karlsruhe plant eine Zusammenarbeit mit Bordellbetreibern und Prostituierten, um ein Gütesiegel zum Schutz von Frauen zu etablieren.

Karlsruhe - Prostitution ist in Deutschland nicht verboten. Dennoch ist sie immer wieder der Aufhänger für Skandale und somit auch oft das Sorgenkind für Regierung und Gesellschaft. Ohne geht es nicht, eine Ausrottung oder das Verbot würde wohl kaum zu einem Erfolg führen. Viele Versuche, die Lage in Deutschland zu verbessern, wurden bereits gemacht, nun schreibt sich das Diakonische Werk Karlsruhe ein ehrgeiziges Projekt auf die Fahne. Ein Gütesiegel für Bordelle soll entworfen werden, berichtet die Stuttgarter Zeitung.

In Zusammenarbeit mit bislang zwölf Bordellbetreibern und Prostituierten wolle man sich „sich zur Einhaltung von Standards im Hinblick auf den Schutz und das Wohl der Frauen verpflichten“. Dies wurde in einem Forderungskatalog festgehalten. Durch die Corona-Pandemie ist aktuell der Betrieb von Bordellen untersagt, da hier das Risiko einer Masseninfektion schlummert. Die geschlossenen Bordelle nahm die evangelische Einrichtung zum Anlass, grundsätzliche Gedanken zur Regelung der Prostitution aufzustellen. Ein „generelles Verbot der Prostitution“ sei nicht zielführend, stattdessen bemühe man sich um die allgemeine Bildung der Frauen.

Schließung von illegalen Prostitutionsstätten, beispielsweise in Hotels oder Wohnungen, gefordert

Prostituierte arbeiten oftmals auf selbständiger Basis in Deutschland oder im europäischen Ausland. Ihnen will man Anfängerschulungen etwa im Kundenumgang oder Unterstützung bei Spezialisierung in bestimmten Sparten des Prostitutionsgewerbes anbieten, heißt es vom Diakonischen Werk Karlsruhe. Es wurde aber auch die Schließung von illegalen Prostitutionsstätten beispielsweise in Hotels oder Wohnungen gefordert. Auch der Ausstieg aus diesem Metier solle gefördert werden in Form von Ausstiegsapartments und der sozialpädagogischen Begleitung. So solle für einen „einen geregelten Straßenstrich“ gesorgt werden, was dem Gütesiegel mehr Glaubwürdigkeit verleihen soll.

Bereits kurze Zeit nach dem Bekanntwerden des Forderungskataloges haben 147 Einzelpersonen und 36 Hilfsorganisationen einen offenen Brief unterschrieben, den Traumatherapeutin Ingeborg Kraus verfasst und an die Mitglieder des Rates der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD), den Aufsichtsrat der Diakonie Baden und den Karlsruher Dekan Thomas Schalla geschickt hat. „Das Diakonische Werk Karlsruhe vollzieht den Schulterschluss mit den Bordellbetreibern“, so Kraus laut der Stuttgarter Zeitung. Sie fordert sich „komplett und öffentlich von diesen Kooperationen zu distanzieren“.

Experten warnen: 60 bis 90 Prozent der Prostituierten nicht freiwilllig in diesem Beruf

Kraus, die sich seit 20 Jahren mit dem Leben von Prostituierten beschäftigt, verurteilt Gewalt von Männern gegenüber Frauen und verweist darauf, dass es die Pflicht der Kirchen sei, zu handeln. Einen anderen Menschen zum Ausleben der eigenen Triebe zu kaufen und zu benutzen, sei nicht akzeptabel, so Kraus. Ihre Überzeugung untermauert sie mit einem Verweis auf das Europäische Parlament, nach dessen Überzeugung Prostitution ein Widerspruch zu den Menschenrechtsprinzipien und zur Gleichstellung der Geschlechter sei.

Unterstützung erhält Kraus aus den Reihen der Experten. Bei einer Anhörung im nordrhein-westfälischen Landtag verwies der Augsburger Ex-Ermittler Helmut Sporer darauf, dass 60 bis 90 Prozent der Prostituierten diesem Beruf nicht freiwillig nachginge und dass dieser Anteil wesentlich zu hoch sei.

Das Kooperationspapier, welches als Positionspapier verstanden werden solle, ist kein Statement zu einem Verbot des Sexkaufs. Es ziele lediglich darauf ab, die Bedingungen für Frauen zu reglementieren und zu verbessern.

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