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Iffi Zenker: Darum ist es ein Fehler, die "Lindenstraße" einzustellen 

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Momo (gespielt von Moritz Zielke) und Iffi mit ihrem ersten Sohn Nico, die Szene der "Lindenstraße" wurde im Jahr 1994 ausgestrahlt.
Momo (gespielt von Moritz Zielke) und Iffi mit ihrem ersten Sohn Nico, die Szene der "Lindenstraße" wurde im Jahr 1994 ausgestrahlt. © WDR/Diane Krüger

Rebecca Simoneit-Barum ist immer noch sauer, dass die "Lindenstraße" eingestellt wird. Vor der letzten Folge am Sonntag kritisiert die Darstellerin von Iffi Zenker die ARD.

Rebecca Simoneit-Barum ist in der „Lindenstraße“ erwachsen geworden. Seit 1990 war die Schauspielerin in der ARD-Serie als Iphigenie „Iffi“ Zenker zu sehen – lediglich von 2011 bis 2014 nahm sie sich eine Auszeit. An diesem Sonntag läuft nach 34 Jahren die letzte Folge. Wir sprachen mit der 42-Jährigen, die lange in Einbeck lebte, über das Aus.

Frau Siemoneit-Barum, wo waren Sie, als Sie am 16. November 2018 erfahren haben, dass die „Lindenstraße“ eingestellt wird?

Ich war bei meinen Eltern zu Besuch in Einbeck und mit dem Hund meines Bruders unterwegs. In dem Moment schickte mir ein Freund aus Zürich einen Screenshot von der „Bild“-Zeitung, in dem stand, dass die „Lindenstraße“ abgesetzt wird. Ich bin schnell nach Hause. Meine Eltern sollten es nicht aus den Medien erfahren. In der Zwischenzeit erhielt ich zahlreiche Nachrichten von Kollegen, die eine Mail von der Produktionsfirma bekommen hatten. Die hatte ich nicht gesehen, weil ich mit dem Hund draußen war.

Wie überraschend kam das Aus für Sie?

Natürlich haben wir nicht damit gerechnet, dass es mit der „Lindenstraße“ ewig weitergeht. Uns war klar, dass es mal zu Ende sein kann. Allerdings wussten wir, dass unsere Firma in Vertragsverhandlungen mit dem WDR ist. Wir hatten nichts Negatives gehört. Im Nachhinein kommt es mir vor wie ein abgekartetes Spiel. Ich denke, dass die ARD uns am liebsten schon zum 30. Jubiläum abgesägt hätte. Damals hat man sich nicht getraut. Deshalb ging es noch zwei Jahre weiter.

Warum hätte die ARD die „Lindenstraße“ weiterlaufen lassen sollen?

Es ist ein Fehler, die Serie abzusetzen. Sie hat ihren Platz in der Fernsehlandschaft und hatte noch ihre Zuschauer. Die „Lindenstraße“ wird vielen Menschen fehlen.

Die „Lindenstraße“ wollte immer mehr als eine Seifenoper sein und behandelte schon früh Themen wie Rassismus und Homophobie. Aber die Folgen, mit der die Serie aneckte, liegen schon lange zurück. War die „Lindenstraße“ am Ende eine Serie wie jede andere?

Sie hat sich natürlich modernisieren müssen und sich darum den anderen Serien vom Schnitt, von der Bildsprache und den Figuren ein bisschen angepasst. Alles musste ein bisschen flotter werden, weil sich die Gesellschaft weiterentwickelt. Vielleicht war sie daher jetzt auch an ein Enddatum angelangt, obwohl wir alle das nicht so gesehen haben. Aber gesellschaftspolitische Themen wurden bis zum Schluss aufgegriffen: etwa die Flüchtlingsproblematik, Transgender und Gentrifizierung.

Sie sind bereits 2011 ausgestiegen und nach drei Jahren doch wiedergekommen. War das Leben als freie Schauspielerin außerhalb der Serie zu hart?

Ich wurde gefragt, ob ich zurückkommen wollte. Drei Jahre lang hatte ich nur Theater gespielt, was wunderbar und wichtig für mich war. Es war auch eine gute Vorbereitung für jetzt. Vor meinem Ausstieg war ich ein bisschen ausgelutscht. Dagegen war ich nach meiner Rückkehr wieder richtig glücklich und voller Elan. Ich habe jeden Tag genossen, als sei es mein letzter.

Lindenstraße, Folge 1625
Erwachsen geworden: Im April 2017 machten sich Iffi und Momo Sorgen um ihr zweites gemeinsames Kind Antonia. © WDR/Steven Mahner

Zu Ihnen hat eine Agentin einmal gesagt, Ihr Gesicht sei nach all den Jahren in der Serie verbraucht. Wie schwierig wird es nun für Sie, als Schauspielerin Fuß zu fassen?

Natürlich ist es hart auf dem freien Markt. Niemand wartet auf uns. Wir sind 50 arbeitslose Schauspieler. Bei 100 000 anderen Schauspielern wird es für jeden schwer werden. Aber auch anderen Menschen passiert es, dass sie ihren Arbeitsplatz verlieren. Das gehört zum Leben.

Ihr Kollege Moritz A. Sachs, der Klaus Beimer in der Lindenstraße spielte, wurde auf der Straße schon mal angepöbelt. Wie oft ist Ihnen so etwas passiert?

Als junges Mädchen ist das schon mal vorgekommen – vor allem, als Iffi damals fremdgegangen ist mit dem Vater ihres Freundes Momo. Damals hat mich eine alte Frau mal mit ihrer Handtasche bedroht. In der Zeit war die „Lindenstraße“ bei Millionen Menschen präsent. Es gab noch nicht die ganzen Skandale aus dem Internet. Damals ging das den Leuten noch näher.

Sie sind nicht nur Schauspielerin, sondern arbeiten auch als Moderatorin und Sängerin. Wo wird Ihr Schwerpunkt liegen?

Mein Schwerpunkt liegt immer da, wo ich Geld verdienen kann. Ich kann das alles. Die Interaktion mit dem Publikum macht mich glücklich. Viele sehen mich das erste Mal auf der Bühne und wissen gar nicht, dass ich eine gute Moderatorin bin und auch singen kann. Ich muss mich nicht beschränken, sondern nur sehen, womit ich demnächst überleben kann.

Zuletzt standen Sie auf der Bühne der TV-Abnehmshow „Rosins Fettkampf“, wo Sie 15 Kilo verloren haben. Bei 1,67 Metern wiegen Sie nun nur noch 79 Kilo. Wie haben Sie das geschafft?

Das war nicht einfach und hat auch lang gedauert. Von September bis Dezember habe ich zehn Kilo abgenommen. Nach der Sendung habe ich weitere fünf Kilo verloren. Und ich arbeite weiter daran. Die Show war ein super Anstoß. Als ich zuletzt eine Varieté-Show in Bad Nauheim moderiert habe, habe ich mich sehr wohl gefühlt in meinem Körper. Aber man muss Geduld haben. Wenn man sich über Jahre so etwas angefuttert hat, dauert es, bis man die Kilos wieder verliert.

Angeblich haben Sie sich für Ihren Körper geschämt. Inwiefern fühlen Sie sich nun besser?

Ich fühle mich sehr viel besser. Wenn man aus einer Welt kommt, in der Ästhetik und tolle Körper eine große Rolle spielen, dann schämt man sich noch mehr. Ich war mit meinem Körper nicht zufrieden. Aber jetzt bin ich sehr stolz auf mich. Ich will keine dünne Frau werden. Aber ich will mich wohlfühlen und beweglich sein.

Lindenstraße 224
Szenen eines Fernsehlebens: Als junge Iffi Zenker führte die Zirkustochter Rebecca Siemoneit-Barum kleine Kunststücke auf (wie in der Folge vom 18. März 1990, links). Im Oktober 1998 freute sich Iffi mit Momo (Moritz Zielke) über ihren Sohn Nicolai (Bastian Hocke). Später betrog sie ihren Freund mit dessen Vater, der seinen Erzeuger daraufhin im Akropolis-Lokal erstach. Trotzdem kamen Momo und Iffi später wieder zusammen. Wie das Leben in einer TV-Serie eben so spielt. © Diane Krüger

Für die CDU kandidierten Sie einst vergeblich für den Northeimer Kreistag und Stadtrat. Sind Sie weiterhin politisch engagiert?

Auf diese Weise werde ich wohl nie wieder politisch aktiv sein, aber ich bin ein politischer Mensch und interessiere mich sehr für alles, was in der Welt passiert. Damals war ich komplett naiv. Ich hätte mir nie vorstellen können, dass das so hohe Wellen schlagen würde.

Sind Sie noch in der CDU?

Ja, ich wollte nicht austreten, weil ich dachte, dass das auch wieder Wind machen würde.

Der Ex-„Lindenstraßen“-Schauspieler Til Schweiger wünscht sich Friedrich Merz als CDU-Chef. Wen favorisieren Sie?

Mir wäre es am liebsten, Angela Merkel würde bleiben.

Das ist so realistisch wie ein Comeback der „Lindenstraße“.

Angesichts der Kandidaten möchte ich, dass Angela Merkel bleibt. Ich finde, sie hat eine unglaubliche Leistung abgeliefert. Man kann nur voller Respekt sein. Alles andere behalte ich für mich.

Was passiert an diesem Sonntag um 18.50 Uhr?

Da läuft die letzte Folge. Alleine werde ich nicht weinend vor dem Fernseher sitzen. Abschiede kann ich gut. Ich habe viele hinter mir und dabei oft gelitten. Ich weiß aber auch, dass es weitergeht. So ist das Leben.

Vor der letzten „Lindenstraßen“-Folge zeigt das Erste am Sonntag um 18 Uhr die Doku „Bye bye Lindenstraße“.

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