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Schöffe befangen? Jonny-K.-Prozess vor dem Aus

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Drei Angeklagte verstecken im Schwurgerichtssaal 700 des Landgerichts Berlin im Prozess um die tödliche Prügelattacke gegen Jonny K. ihre Gesichter hinter Zeitungen. In der Bank vor ihnen sitzt die Schwester des Opfers, Tina K. © dpa

Berlin - Die Aufklärung der tödlichen Attacke auf Jonny K. gestaltet sich kompliziert. Wegen des genervten Kommentars eines Schöffen muss der Prozess möglicherweise neu aufgerollt werden.

Wegen der Äußerung eines verärgerten Schöffen ist ungewiss, wie der Prozess um die tödliche Prügelattacke auf Jonny K. vor dem Berliner Landgericht weitergeht. Die Verteidigung beantragte am Donnerstag, einen Laienrichter als befangen auszuschließen. Dieser hatte die Aussagen eines Augenzeugen, der sich auf Erinnerungslücken berief, mit den Worten kommentiert: „Sind Sie zu feige oder wollen Sie uns verarschen?“.

Sollte das Berliner Landgericht dem Antrag folgen, müsste der Prozess neu aufgerollt werden. Ersatzschöffen waren nicht bestellt. Das Gericht will bis kommenden Donnerstag über den Ablehnungsantrag gegen den Laienrichter entscheiden.

Bilder: Berlin trauert um Jonny K.

Der 20-jährige Jonny K. war laut Anklage in der Nacht zum 14. Oktober 2012 am Berliner Alexanderplatz mit Schlägen und Tritten so heftig angegriffen worden, dass er stürzte und später an Gehirnblutungen starb. Sein Tod hatte bundesweit Bestürzung ausgelöst. Sechs Männer im Alter von 19 bis 24 Jahren sitzen wegen Körperverletzung mit Todesfolge beziehungsweise gefährlicher Körperverletzung auf der Anklagebank. Alle haben Schläge oder Tritte eingeräumt. Die Verantwortung für den Tod wiesen die Angeklagten aber zurück.

Ein 23-jähriger Augenzeuge und zwei seiner Freunde beantworteten am vierten Verhandlungstag fast alle Fragen des Gerichts mit den Worten: „Ich weiß es nicht, ich kann mich nicht erinnern“. Der Vorsitzende Richter Helmut Schweckendieck äußerte Unverständnis: „Es fällt schwer, das zu glauben. Wissen Sie überhaupt, worum es in dem Prozess geht?“

Auch Schweckendieck kritisierte dann die Wortwahl des Schöffen. Die Staatsanwaltschaft teilte den Ärger über die Äußerung, sprach sich aber gegen eine Ablehnung des Laienrichters aus. Aus Sicht der Verteidigung ist mit einem Schöffen, der sich zu so einer Wortwahl hinreißen lässt, jedoch kein faires Verfahren zu erwarten.

dpa

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