Dem Deutschen Tierschutzbüro wurden Videoaufnahmen aus besagtem Milchbetrieb in Wees bei Flensburg zugespielt. Die Tierschützer machten das Video daraufhin öffentlich. Die Bilder zeigen, wie die Kühe brutal misshandelt werden. Es ist erkennbar, wie Tieren ins Gesicht getreten wird. Sie werden mit Besenstielen geschlagen werden, weil sie sich nicht schnell genug in den Melkstand bewegen. Ein Mitarbeiter, offenbar der Sohn des Betreibers, schreit die Kühe an: „Meine Fresse, du behinderte Mistsau!“, „Mann, du dämliches Scheißvieh!“, „Gleich knallt das aber hier!“.
Teilweise humpeln die Kühe, bei einigen erkennt man Verletzungen. „Mehrere Mitarbeiter*innen gehen extrem grausam mit den Kühen um, der brutale Umgang ist jedoch offenbar völlig normal in dem angezeigten Betrieb und gehört zur Tagesordnung“ kritisiert Jan Peifer. Er ist Vorstandsvorsitzender beim Deutschen Tierschutzbüro.
Eigentlich handelt es sich bei dem Milchbetrieb um ein kleines, regionales Familienunternehmen mit nur wenigen hundert Tieren. Brutale Tierquälerei ist hier auf den ersten Blick vermutlich nicht zu erwarten. „Ein maximaler Kontrast, zu der uns immer wieder vorgegaukelten schönen Werbewelt der Milchindustrie“, verdeutlicht das Deutsche Tierschutzbüro.
Die Tierschützer wurden direkt aktiv und haben mit einer Strafanzeige gegen die Inhaber des Milchbetriebs reagiert. Die Staatsanwaltschaft Flensburg hat die Ermittlungen wegen Verdacht auf Verstoß gegen das Tierschutzgesetz bereits aufgenommen - „Nun müssen insbesondere die Aufnahmen, die die Tierquälerei zeigen sollen, ausgewertet und der Beschuldigte gehört werden“, sagte eine Sprecherin auf „Mopo“-Nachfrage.
Wie das Deutsche Tierschutzbüro informiert, wird die Milch des besagten Betriebs an die Firma „Deutsches Milchkontor“ (DMK) in Nordhackstedt (Schleswig-Holstein) geliefert - dies habe der DKM bereits schriftlich bestätigt. Hinter diesem Unternehmen verstecken sich bekannte Milchmarken, die in jedem Kühlregal bei Supermärkten zu finden sind: Milram, Humana und Alete. Tierschützer rufen daher die Verbraucher zum Boykott dieser Marken auf. Auf ähnliche Weise machen sich die Hamburger Vegan-Youtuber Gordon Prox und Aljosha Muttardi („Vegan ist ungesund“) für den Verzicht auf tierische Produkte stark.* Auch Foodwatch will Verbraucher darüber aufklären, was wirklich in Supermarkten-Produkten steckt.*
Der Deutsche Milchkontor könne sich nicht vorstellen, die Zusammenarbeit mit dem Skandal-Milchbetrieb bei Flensburg zu beenden. Dies erklärte das Unternehmen gegenüber dem Deutschen Tierschutzbüro mit der Begründung, dass sie bei eigenen Kontrollen im Milchbetrieb nichts zu beanstanden hätten. „Es ist doch klar, dass ein Landwirt niemals eine Kuh schlagen oder misshandeln wird, wenn gerade ein Kontrolleur neben ihm steht“, meint Jan Pfeifer. Das Video würde die tatsächlichen Zustände abbilden.
Nach Auffassung des Deutschen Tierschutzbüros handele es sich bei den Zuständen, wie sie im beschriebenen Milchbetrieb dokumentiert worden sind, nicht um Einzelfälle. Mit ihrer der Undercover-Recherche „Das Leiden der Kühe – Geprügelt für Milch“ wollten die Tierschützer „aufzeigen, wie Kühe heutzutage gehalten werden und dass Milch alles andere als ein natürliches Produkt ist“. Die Nachricht, dass Puten-Küken in Niedersachsen eventuell „notgekeult“ werden könnten, hat ebenfalls schockiert.
Ähnliche Tierquälerei-Vorwürfe werden derzeit gegen einen weiteren norddeutschen Milchhof-Betreiber in Syke-Osterholz (Niedersachsen, nahe Bremen*) erhoben, darüber berichtet kreiszeitung.de.* Die öffentliche Debatte um Verbesserung der Zustände in der deutschen Nutztierhaltung und in Schlachtbetrieben wird außerdem durch die Coronavirus-Ausbrüche in mehreren deutschen Schlachthöfen*(24hamburg.de berichtete) angekurbelt, die sogar bei Markus Lanz (ZDF) thematisiert werden.*
Selbst ehemalige Vertreter der Fleischindustrie stehen der Branche zusehens kritisch gegenüber: ein Ex-Metzger packte kürzlich mit erschreckenden Details über die Wurstverarbeitung aus. Tierschützer von PETA grillten einen Hund auf offener Straße, um Fleischesser zu provozieren. *24hamburg.de, nordbuzz.de und kreiszeitung.de sind Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerkes