Anders ist in ihr Handy vertieft. Sie schaut sich Bilder aus einem Tierheim ist Osteuropa an. Zwei Hunde von dort darf sie in 2018 noch in Heilbronn unterbringen. Aber welche? Hunde, die dort bleiben, finden vielleicht niemals ein Zuhause, lernen Streicheleinheiten kaum kennen und Verletzungen werden nicht behandelt.
Plötzlich drückt sie Anna das Handy in die Hand. "Das darfst du jetzt entscheiden." Sie wendet sich an die anderen Helfer im Büro und bespricht weiter, was noch zu erledigen ist. Und jetzt?!
Da ist ein Hund der bittend in die Kamera sieht. Wäre sein Fell gepflegt, wäre er sicher ganz flauschig. Ein anderes Tier ist kaum noch als Hund zu erkennen. Er sieht furchtbar aus; abgemagert, kaum Fell und der Schwanz ist zwischen den Hinterläufen eingeklemmt. Es sind so viele. Was passiert mit denen, die Anna jetzt nicht auswählt? Die Redakteurin fühlt mich furchtbar. Ist sie schuld, wenn die anderen dort bleiben müssen? Wie soll ich sie nur entscheiden? Sie ist dankbar, als Silke Anders ihr unauffällig das Handy aus der Hand nimmt.
Am Nachmittag ist das Tierheim für Besucher geöffnet. Vierbeiner finden ein Zuhause - ihre neuen Besitzer führen sie stolz zum Tierheim hinaus.
Andere gehen zutiefst geknickt: Eine junge Frau gibt ihre Jack-Russell-Hündin ab. Sie hat ihre kleine Tochter angefallen und ihr ins Gesicht gebissen. Die Frau will ihr Kind schützen, auch wenn ihr Herz sehr an der Hündin hängt. Sie weint. Für Silke Anders ist das Routine. Sie verzieht keine Miene, macht keine Vorwürfe und schreibt sich alle Infos über den Hund auf, die sie bekommen kann, notiert, ob der Terrier sein Futter verteidigt, mit Katzen verträglich ist und gut an der Leine geht. Dann führt sie die Hündin in einen Zwinger.
"Wenn du dir hier jedes Schicksal zu sehr zu Herzen nimmst, kannst du den Job nicht lange machen", erklärt eine Tierschützerin, der anscheinend Annas bedröppelter Blick aufgefallen ist. Natürlich hat sie recht. Wer sich über jeden ärgert, der sich nicht vorher überlegt hat, was es heißt, einen Hund zu haben und mit jedem weint, der seinem Vierbeiner ganz überraschend doch nicht gerecht werden kann, ginge an der Arbeit kaputt. Trotzdem, nach einem Tag im Tierheim ist Redakteurin Anna ganz schön platt. Auf der Heimfahrt ist sie einfach froh, gleich ihren Hund in den Arm nehmen zu können.
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