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Nach Drohung: Kinostart von Polit-Satire abgesagt

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In "The Interview" spielen James Franco und Seth Rogen die Hauptrollen.
In "The Interview" spielen James Franco und Seth Rogen die Hauptrollen. © AFP

New York - Nach Terror-Drohungen gegen Vorführungen des umstrittenen Films „The Interview“ hat das Filmstudio Sony Pictures den Kinostart der Komödie abgesagt.

Die beispiellose Hackerattacke auf Sony Pictures im November zieht Kreise. Hacker drohen auch Kinos für den Fall, dass sie den umstrittenen Film „The Interview“ zeigen sollten - und Sony zieht Konsequenzen. „Angesichts der Entscheidung einer Mehrheit unserer Kinobetreiber, den Film „The Interview“ nicht zu zeigen, haben wir beschlossen, den für den 25. Dezember geplanten Kinostart abzusagen“, zitierten zahlreiche US-Medien am Mittwochabend (Ortszeit) aus einer Mitteilung des Filmstudios.

„The Interview“ sollte am 25. Dezember in den USA starten. In dem Streifen bekommen zwei US-Journalisten, gespielt von Seth Rogen und James Franco, den Auftrag, den nordkoreanischen Machthaber Kim Jong Un bei einer Interview-Gelegenheit zu töten. In Deutschland sollte der Film, dessen Produktion rund 44 Millionen Dollar (etwa 35 Millionen Euro) gekostet hat, im Februar anlaufen.

Drohungen mit Verweis auf den 11. September

Die Angreifer hätten in E-Mails an Reporter konkrete Drohungen mit Verweis auf den 11. September 2001 veröffentlicht. Wegen des Films werde "die Welt mit Angst erfüllt sein", hieß es. Bald könne jeder sehen, welch einen "furchtbaren" Film Sony gemacht habe. Die Gruppe rief dazu auf, sich von den Kinos, in denen der Film gezeigt werde, fernzuhalten. "Sollte Ihr Haus in der Nähe sein, so verlassen sie es besser", warnten die Hacker.

Die Drohungen rund um den Film stammten vermutlich von denselben Personen, die Ende November die Computersysteme von Sony Pictures angegriffen hatten, berichtete das „Wall Street Journal“. Den Hackern war es in einer beispiellosen Aktion gelungen, flächendeckend auf die Datenbestände des Konzerns zuzugreifen. Dadurch gelangten nicht nur Filme noch vor ihrem Kinostart ins Netz, es wurden auch peinliche Interna bekannt. So bezeichnete Hollywood-Produzent Scott Rudin Oscar-Preisträgerin Angelina Jolie als "minimal talentierte, verwöhnte Göre". Außerdem gelangten durch den Leak unveröffentlichte Drehbücher der Firma wie etwa eine frühe Fassung des Scripts vom neuen James-Bond Film an die Öffentlichkeit. Tagelang war der IT-Betrieb von Sony Pictures lahmgelegt. Sony sprach von einer „schamlosen Cyberattacke“.

"Beispielloses Vorgehen"

Zuvor hatten zahlreiche große Kino-Ketten in Nordamerika mitgeteilt, den Film nicht zeigen zu wollen. Auch die für Donnerstag geplante New Yorker Premiere wurde nach Medienberichten abgeblasen. Wie der „Hollywood Reporter“ berichtete, verzichtet das Landmark's Sunshine Cinema darauf, den Film zu zeigen. Laut „Wall Street Journal“ will auch die viertgrößte US-Kinokette Carmike Cinemas den Film nicht zeigen. Sony Pictures habe den Kinos die Entscheidung, ob sie den Streifen bringen wollen, selbst überlassen - ein beispielloses Vorgehen für Hollywood, wie das „Wall Street Journal“ berichtete.

„Wir respektieren und verstehen die Entscheidung unserer Partner und teilen natürlich auch ihr vorrangiges Interesse an der Sicherheit ihrer Angestellten und Kinobesucher“, begründete Sony die Entscheidung zum Rückzug des Films aus den Kinos. Zudem habe sich Sony auch gegen jede andere Form der Veröffentlichung des Films entschieden, sei es als Video auf privaten Kabelkanälen oder auf DVD, zitierte das Magazin „Variety“ eine Sony-Sprecherin.

Hollywood-Stars enttäuscht, Obama: "Geht ins Kino"

Schauspieler zeigten sich enttäuscht von der Absage. „Ein trauriger Tag für die Kreativität“, schrieb Steve Carell bei Twitter. Seine Aussage unterstrich er mit dem Hashtag "Angst frisst Seele auf".

Sein Kollege Ben Stiller betonte: „Es ist wirklich schwer zu glauben, dass das die Antwort auf eine Bedrohung der freien Meinungsäußerung hier in Amerika ist.“

Talkmaster Jimmy Kimmel sprach von einem „unamerikanischen Akt der Feigheit, der terroristische Handlungen bestätigt und einen ungeheuerlichen Präzedenzfall schafft“.

Der Schauspieler Rob Lowe, der in "The Interview" mitspielt, zeigte sich erstaunt. "Wow. Alle geben klein bei. Die Hacker haben gewonnen", schrieb er im Internetdienst.

US-Präsident Barack Obama zeigte sich hingegen wenig beeindruckt von den Drohungen: "Mein Rat ist: Gehen Sie ohne Angst ins Kino." Vorerst seien die Drohungen nicht glaubwürdig, deutete er am Abend in einem Interview von „ABC News“ an.

Diese Hacker stecken hinter der Drohung

Eine Hackergruppe namens „Guardians of Peace“ hat sich zu den Angriffen bekannt und gefordert, den Film „The Interview“ zu stoppen. US-Behörden vermuten hinter der Cyberattacke Hacker im Auftrag Nordkoreas. Man sei von offizieller Seite in Washington zu dem Schluss gekommen, dass Nordkorea bei dem Eindringen in Rechnern von Sony Pictures „eine zentrale Rolle gespielt“ habe, berichtete die „New York Times“ unter Berufung auf nicht namentlich genannte Regierungsvertreter. Ermittler seien sich „zu 99 Prozent sicher“, dass die Hacker im Auftrag der nordkoreanischen Regierung gearbeitet hätten, berichtete auch die „Washington Post“.

Nordkorea bestritt jedoch, an der Attacke beteiligt gewesen zu sein. Bereits im Juli hatte sich Nordkorea wegen des Films bei der UNO beschwert. Einen Film über die Ermordung eines amtierenden Staatschefs zu produzieren und zu veröffentlichen sei nicht nur eine "Kriegshandlung" sondern auch eine "unverhohlene Unterstützung von Terrorismus", erboste sich Pjöngjang damals.

Half ein Sony-Insider?

Möglicherweise hatten die Hacker auch Hilfe von einem Sony-Insider. Die Ermittler gehen unter anderem einer Theorie nach, nach der ein ehemaliger Mitarbeiter des Konzerns sein Spezial-Wissen weitergab, um sich zu rächen.

Die Regierung sei sich noch nicht über eine Reaktion auf den mutmaßlichen „Cyber-Terrorangriff“ einig, so die „New York Times“. Eine offizielle Erklärung der Behörden wurde für Donnerstag erwartet. Die Regierung wäge eine Reihe von Optionen ab, sagte die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrats, Bernadette Meehan, der Zeitung.

dpa/afp

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