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Anarchischer Flirt mit arabischen Skalen

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Islam Chipsy & EEK - Foto: Islam Chipsy
Islam Chipsy & EEK © Islam Chipsy

Hamburg - Von Rolf Stein. Krass – das ist durchaus eine Vokabel, die einem einfallen kann bei der Eröfnungssequenz des Films „Electro Chaabi“ (2013): Zu aufpeitschenden Elektro-Klängen tanzen junge Menschen in Ekstase, springen von der Bühne, auf der Bengalos abgefackelt werden. Die Szene spielt auf einer Straße der Kairoer Banlieue Al-Salam City. Kein Tourist verirrt sich dorthin, Arbeit gibt es wenig, und auch sonst kaum etwas für Jugendliche zu tun.

Islam Chipsy ist einer der Protagonisten des Films, der von einer Jugendkultur berichtet, die mit Vorstellungen von Weltmusik rein gar nichts zu tun hat, auch wenn die Musik, mit der die jungen Leute ihren Frust kanalisieren, durchaus hörbar arabische Züge trägt. Im Grunde, und auch das ist in dieser Musik unschwer zu hören, ist diese Szene eher Teil einer zumindest kulturell immer näher zusammenrückenden Welt. Spuren von HipHop und Techno sind bei Islam Chipsy und seiner Band EEK, mit der er dieser Tage in Hamburg bei „KRASS – das Kultur Crash Festival 2017 feat. Youngster“ auftrat, integraler Bestandteil der Musik.

Dass sich das nicht unmittelbar in ein Kulturzentrum in Westeuropa übertragen lässt, ist nicht weiter verwunderlich. Der Rahmen spreizt sich unwillkürlich gegen das Anarchische einer Party in den Straßenschluchten der Kairoer Armenviertel, wo zudem die Texte der Electro-Chaabi-Musiker sofort verstanden werden.

Kein Mikrophon auf der Bühne

Islam Chipsy & EEK verzichteten bei ihrem Auftritt in der Hamburger Kulturfabrik Kampnagel dann auch nicht nur auf Texte – sondern auch gleich ganz auf jede Wortmeldung. Nicht einmal ein Mikrophon stand auf der Bühne. Flankiert von zwei beeindruckend präzise interagierenden Schlagzeugern fegt der Mann, der sich Islam Chipsy nennt, über die Tasten seines Keyboards und zerrt mit Wedelbewegungen an den Tönen herum, die mal grell brettern, mal mit Oud-Klängen und vierteltonreichen arabischen Skalen flirten, um sich immer wieder in brachialen Staccato-Breaks zu entladen.

Am Anfang sprang der Funke zum recht überschaubaren Publikum noch eher zögerlich über, versteckte sich Islam Chipsy fast hinter seinem Instrument. Aber schon bald tat der treibende Beat seine Wirkung, und nach einer Stunde herrschten vor der Bühne zwar noch keine Zustände wie in Al-Salam City, aber gehen lassen wollte man die drei Musiker auch nicht so schnell, die sich zweimal zu Zugaben bitten ließen.

„KRASS – das Kultur Crash Festival feat. Youngster“ läuft noch bis zum 30. April im Kulturzentrum Kampnagel, Hamburg. Das Programm im Internet: www.kampnagel.de/krass-festival-2017

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