Puccini soll mit seiner Frau Elvira ja eine sehr unglückliche Ehe geführt haben; die Frauen seiner Opern sind Traumfiguren, Projektionen, engelsgleiche Wesen, die nie jemandem begegnen können, weil sie keine Realität haben.
Von Peter: Zentrales Moment dieser Oper ist: Eine Frau stirbt, ein Dichter weint. Puccini schrieb ja an seinen Verleger: „Wenn dieses Mädchen Mimi, an dem ich so hart gearbeitet habe, stirbt, möchte ich, dass sie die Welt weniger für sich verlässt, sondern mehr für den, den sie liebte“.
Ist dieses Frauenbild heute nicht längst überholt?
Von Peter: Das Frauenbild schon, dennoch gibt es heute mehr Singles denn je. Unsere Prägung durch das Bild der absoluten romantischen Liebe ist nach wie vor groß – und damit die Angst davor, dass eine real gelebte Liebe nie unsere Erwartungen erfüllen kann, also zwangsläufig scheitern muss. Wir haben auch und gerade heute eine Überbeanspruchung der Liebeserwartung.
Die Regieanweisungen von Puccini sind sehr genau – ebenso wie die schnellen und feinen musikalischen Gesten der Partitur. Man kann ja manchmal denken, er habe jeden Schritt komponiert. Was heißt das für Sie? Sie arbeiten ja immer sehr stark aus der Partitur heraus.
Von Peter: Genau das ist erforderlich. Wenn man diese Kompositionstechnik missachtet, gleitet das Stück ganz schnell ins Banale und Unechte. Was wir zeigen müssen, sind keine filmrealistischen Vorgänge, sondern die fragmentierte Realität.
Könnte man sagen, dass dadurch die Figuren etwas scherenschnittartiges, etwas wie Spots, Momentaufnahmen haben?
Von Peter: Ich würde sagen, man muss das Herstellen einer Realität zeigen, die immer wieder zusammenkracht. Das „Nach-Spielen“ einer Realität. Es gibt ja auch keine Handlung, sondern nur Episoden eines Lebensgefühls. Das ist der Lebenskurs dieser Männer, sie reden ständig aneinander vorbei, inszenieren sich selbst. Die Frauen sind Literaturfiguren, die keinerlei Ambivalenz zeigen. Mimi ist ein sterbender Engel, die kann gar nicht echt sein.
Michael Gielen hat einmal darauf hingewiesen, dass das Endzeitgefühl im dritten Akt etwas mit Gustav Mahler zu tun hat. Können Sie das nachvollziehen?
Von Peter: Unbedingt. Da ist eine Liebe gestorben, die nie gelebt wurde – die vier Männer haben nur noch die Leere. Ein großer Nihilismus, eine unendliche Einsamkeit macht sich breit. Tatsächlich einer Endzeit vergleichbar.
Premiere am Sonntag um 18 Uhr im Theater Bremen.