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Arie Hartog von Gerhard-Marcks-Haus: „Aufhören mit Sonntagsreden“

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Unter Ausschluss der Öffentlichkeit: „Bremen vierkant“ mit Arbeiten von Robert Schad. Fotos: Sandra Beckefeldt
Unter Ausschluss der Öffentlichkeit: „Bremen vierkant“ mit Arbeiten von Robert Schad. © Sandra Beckefeldt

Bremen - Mitte März verkündeten vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie die Bremer Museen ihre Schließung – wie viele andere Einrichtungen des öffentlichen Lebens. Seit Kurzem wird über Lockerungen der Anti-Corona-Maßnahmen gesprochen, Teile des Einzelhandels wie Buchläden dürfen wieder öffnen, Museen nicht. Arie Hartog, Direktor des Bremer Bildhauermuseums Gerhard-Marcks-Haus, hat per E-Mail unsere Fragen zur Lage beantwortet:

Wo sehen Sie die Kulturszene nach einem Monat Lockdown?

Sie ist lebendig, aber unsichtbar. Den freien Künstlern und den Personen, die als Freiberufler in der Kultur arbeiten geht es eindeutig schlechter als den Personen, deren Gehalt – noch – gesichert ist. Die Museen haben die Zeit genutzt für notwendige Arbeit, die viel zu lange liegen geblieben war, da sich auch politisch die Idee durchgesetzt hat, Museum sei bloßes Entertainment.

Bremens Kultursenator Andreas Bovenschulte hat ein einem Interview mit unserer Zeitung vor der Coronakrise Kultur als Grundnahrungsmittel bezeichnet. Warum muss Bremen auf dieses Nahrungsmittel bis auf Weiteres verzichten?

Weil es eine reelle Ansteckungsgefahr gibt. Es ist aber ein Zeichen der politischen Prioritäten, wenn Konsum erlaubt wird und der Zugriff auf ein vermeintliches Grundnahrungsmittel nicht.

Die Kultureinrichtungen haben einen Teil ihrer Aktivitäten ins Internet verlegt. Gibt es belastbare Daten dazu, wie das angenommen wird?

Wir haben das nicht gemacht, und ich halte auch wenig davon.

Lassen sich die wirtschaftlichen Schäden für Ihr Haus beziffern?

Ja, ist aber uninteressant. In dieser Ausnahmesituation gilt es erstens, den Laden zusammenzuhalten, zweitens, Formate und Abläufe zu entwickeln, damit Kultur ohne große Risiken genossen werden kann, und drittens, für die Zukunft zu lernen.

Was könnte die Politik kurz-, mittelfristig und langfristig tun, um die Folgen der Krise abzufedern?

Arie Hartog
Arie Hartog © Sandra Beckefeldt

Aufhören mit Sonntagsreden. Kurzfristig müssen Einzelpersonen, die durch die Krise in eine bedrohliche wirtschaftliche Lage gekommen sind, unterstützt werden. Das ist ein einfaches Gebot der gesellschaftlichen Solidarität. Mittelfristig müssen wir gemeinsam darüber reden, inwieweit diese Krise die Folge konsequenter, typisch westlicher Externalisierungspolitik ist und ob wir dieses System überhaupt wollen. Es geht darum, dass im Großen und Kleinen Kosten auf dem Rücken von anderen Menschen abgebaut werden. Langfristig müssen wir über den Stellenwert von Bildung und Kultur für unsere diverse Gesellschaft reden. Die Entwicklung des individuellen Menschen ungeachtet seiner Herkunft ist ein hohes Gut, das auch in Bremen viel zu leicht einer übersimplifizierten Vorstellung von Wirtschaftlichkeit geopfert wurde.

Um möglichst schnell wieder öffnen zu können, wären neben verschärften Hygienemaßnahmen auch Besucherbeschränkungen denkbar. Haben Sie dazu schon Pläne in der Schublade?

Nein, wir sind dabei und entwickeln sie zusammen in unserem Team und in Absprache mit Spezialisten. Es kann nie darum gehen, möglichst schnell zu öffnen.

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