1. Startseite
  2. Kultur

„Rocky Horror Picture Show“ beendet die Spielzeit in Oldenburg

KommentareDrucken

Der Mann, mit dem alle gerne ins Bett steigen wollen: Alexander Prince Osei als Frank N. Furter. FotoS: stephan walzl
Der Mann, mit dem alle gerne ins Bett steigen wollen: Alexander Prince Osei als Frank N. Furter. © Stephan Walzl

Oldenburg - Breit grinsend lächelt er mit roten Lippen in die Handylinse. Links und rechts wildfremde Menschen im Arm posiert der Mann für ein schnelles Erinnerungsfoto. Sein goldener Frack, der leuchtend rote Zylinder und, nicht zu vergessen, die High Heels sind im Oldenburger Bühnengraben eben doch eine Sensation – selbst am Premierenabend der „Rocky Horror Picture Show“.

Das Oldenburgische Staatstheater hat sich Richard O’Briens Kultmusical beziehungsweise den darauf basierenden Film aus dem Jahr 1975 fürs diesjährige Spielzeitfinale ausgesucht und damit jede Menge schillernde Gestalten ins Große Haus gelockt, auf und vor die Bühne. Dort, wo sonst das Orchester sitzt, gibt es nun eine „Dance Area“ in der sich all jene versammelt haben, die besonders textsicher sind oder die Inszenierung tanzend erleben möchten. Überraschenderweise sind dies vor allem Menschen, die lange nach der Filmpremiere geboren wurden. Lebender Beweis dafür, dass die Ode an die sexuelle Freiheit ihrem Kultstatus bis heute gerecht wird. Was auch an der aktiven Beteiligung des Publikums liegt, das seit jeher die Handlung lautstark begleitet.

Robert Gerloff hebt diese Partizipation in einem der wenigen Regieeingriffe nun auf eine neue Stufe. Die abgegrenzte Tanzfläche erweist sich als Glücksgriff, denn die Begeisterung der Stehplätze überträgt sich weit über den Orchestergraben hinaus. Selbst wenn man im Rest des ehrwürdigen Großen Hauses dann doch lieber sitzen bleibt, sind auch dort die Zuschauer mit Enthusiasmus dabei, wenn es darum geht, „Fanbags“ zu plündern und mit Wasserspritzpistolen die Sitznachbarn nass zu machen. Kurzum, man ist angetreten, um sich einen höchst vergnüglichen Abend zu machen.

Das gilt auch für das Ensemble, das sichtlich Lust hat, vor einer Kulisse aus fahrbaren Podesten und Kästen (Bühne: Maximilian Lindner) die Geschichte von Janet Weiss und Brad Majors zu erzählen. Jenes Spießerpärchen, das sich ins Gemäuer des Vorzeige-Transvestiten Frank N. Furter sowie seiner außerirdischen Mitbewohner verirrt hat und dort sein sexuelles Erwachen erlebt. Helen Wendt und Fabian Kulp stolpern herrlich steif von einem körperlichen Abenteuer zum Nächsten, immer unterstützt von der Band The Unattended Minors. Unter der Leitung von Hajo Wiesemann liefern die sechs Musiker den Soundtrack für die Parodie auf Horror- und Science-Fiction-Stücke.

Auf den Schönling Rocky Horror (Johnn Schumacher) steht nicht nur Janet Weiss (Helen Wendt, Mitte).
Auf den Schönling Rocky Horror (Johnn Schumacher) steht nicht nur Janet Weiss (Helen Wendt, Mitte). © Stephan Walzl

Auch wenn das Ensemble durchweg gesanglich den Erwartungen gerecht wird, ragt seier Rolle gemäß einer heraus: Alexander Prince Osei. Er gibt mit einer gehörigen Portion Soul in der Stimme einen Frank N. Furter, von dem sich viele im Publikum gern verführen lassen würden. Sinnlich, flirtend und mit einer gehörigen Portion Sex-Appeal steht Osei ein ums andere Mal in Mieder, Strapsen und High Heels auf einem Steg, der weit in die „Dance Area“ hineinragt. Von dort macht er Jagd auf die Unschuld der Verlobten, kreiert seinen idealen Liebhaber Rocky – und hält nebenbei ein flammendes Appell für die Freiheit jedes Einzelnen. Egal, wie er aussieht. Egal, wen er liebt.

Eine starke Botschaft, die noch immer keiner Modernisierung bedarf. Auch im Jahr 2019 müssen der Transgender und Homosexuelle nach wie vor um ihre Anerkennung und gegen wertende Blicke kämpfen. Natürlich nicht im Oldenburgischen Staatstheater, wo Alt und Jung gemeinsam Ensemble und Inszenierung frenetisch feiern, was nicht nur Hauptdarsteller Osei Tränen der Rührung in die Augen treibt. Eine Begeisterung, die auch nach der ersten Zugabe nicht endet und das Publikum zu einem durchaus denkwürdigen Moment animiert: Angefeuert von der Menge auf der Tanzfläche singt das voll besetzte Haus minutenlang „Don’t dream it, be it“. Jene Mitmachzeile, die uns animiert, für unsere Träume zu kämpfen. Damals wie heute.

Angucken:

Aktuell gibt es noch Restkarten für die letzte Vorstellung am 2. Juli unter staatstheater.de

Auch interessant

Kommentare