1. Startseite
  2. Kultur

Bild- und Wortwechsel mit der Natur

KommentareDrucken

Urknall der Naturform und Kunstgestalt: Ina Raschkes „Alphateilchen“.
Urknall der Naturform und Kunstgestalt: Ina Raschkes „Alphateilchen“. © -

Bremen - (Eig. Ber.) n In dieser Situation weit weg vom heimischen Atelier zu sein, dürfte Ina Raschke gerade recht sein. Die Bremerin erprobt aktuell neue künstlerische Wege. Dafür lässt sich wohl kaum eine günstigere Kulisse denken als New York.

Als Stipendiatin des BBK Bremen bleibt die junge Künstlerin bis Ende September in der US-amerikanischen Metropole. Dann wird sie eine Einzelausstellung in Achim vorbereiten, Lohn für die Zuerkennung des Förderpreises des dortigen Kunstvereins.

1982 geboren, kann Ina Raschke bereits einige Anerkennungen in der Vita verzeichnen. Mit markanten, stilisierten Pflanzenzeichnungen erzielt sie schon einen hohen Wiedererkennungswert. Doch genau das ist derzeit auch ein Problem: Wie geht es nach der langen, motivisch geschlossenen Werkphase weiter?

Beim Bremer Kunstfrühling im Güterbahnhof präsentierte die Künstlerin schon eine Installation, die einen Umschlag von der Fläche in den Raum, von der Statik in dynamisches Geschehen, von der Grafik ins Objekthafte markiert. „Alphateilchen“ hat Ina Raschke die holzsprühende Installation genannt. Ob sich die kleinen Elemente verflüchtigen oder verdichten, ob sie in den Raum hinein und hoch streben oder zum Kern hin, bleibt offen.

Die Arbeit lässt nicht zufällig an einen Ur-Knall denken, sowohl als künstlerisches wie auch als natürliches Ereignis. Ursprung und Beginn, mit Alpha schon im Titel angedeutet, die Spannung zwischen Natur und Künstlichkeit gehören zu den bevorzugten Themen von Ina Raschke.

Ihre formstrengen, reduzierten Darstellungen von Pflanzen scheinen an zögernde Anfänge von Naturwahrnehmung zurückzugehen. Man könnte sie als Piktogramm, als konzentriert gesehen und hoch verdichtet lesen. Zugleich bewahren sie einen Skizzencharakter, der die Fragilität der Form selbst, aber auch die Brüchigkeit der Gestaltung offenbart. Nicht um Reproduktion oder Abstraktion geht es, sondern um das Wechselspiel zwischen bildlicher und gedanklicher Annäherung, zwischen Einzelphänomen und Klassenmerkmal.

Was die Anziehungskraft von Ina Raschkes Arbeiten auszeichnet, ist nicht zuletzt in der Strategie der Künstlerin begründet: Immer versucht sie, an die Anfänge zurückzugehen. Wenn sie sich nun neben der Ausdehnung der Zeichnung in den Raum auch mit dem Wechselspiel von Schrift und Zeichnung befasst, so sucht sie den Anschluss an ihre ersten Begegnungen mit dem Wort.

Stand für die meisten Kinder anfangs der gezeichnete Apfelbaum für alle Bäume, fühlt sich die Künstlerin nun in die ersten Füllerstriche zurück. Eine Blaue Epoche könnte demnächst die Grünphase im Werk Ina Raschkes ablösen.

Ein solches Verfahren nimmt auch den Weg zum Werk ernst. Tatsächlich gehören neben Zeichnungen und Installationen auch Recherchen und Dokumentationen zum Schaffen der Bremerin, die an der Kunsthochschule ihrer Heimatstadt bei David Bade und Yuji Takeoka studierte. „Ich gehe jeden Tag zu einem Apfelbaum und zeige ihm das Bild einer Kokosnuss“ heißt eine solche Arbeit, eine Studie über Wahrnehmung und poetisches Assoziieren im Angesicht der Natur.

Ebenso wie Erzählerisches und Lyrisches fasziniert Ina Raschke Wissenschaft. In jedem Fall will sie ihrer Neigung zum Schreiben stärker nachgehen und das mit allen Sinnen, weil für sie Verstehen ohne das buchstäbliche Begreifen nicht denkbar ist. Dabei ist sie dann wieder bei der Zeichnung, bei der Wahrnehmung von Objekten im Raum und damit dem Erspüren der eigenen Körperreaktion auf das Neue.

Auch interessant

Kommentare