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Kein schriller Ton: Cécile McLorin Salvant in der Glocke

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Cecile McLorin Salvant - Foto: Mark Fitton
Cecile McLorin Salvant © Mark Fitton

Bremen - Von Wolfgang Denker. Sie hat mit ihren erst 29 Jahren schon so viele Lorbeeren eingeheimst wie kaum eine andere Künstlerin in dem Alter.

2010 gewann sie den Thelonius-Monk-Wettbewerb als beste Nachwuchssängerin, mit ihrer CD „Women Child“ räumte sie bei der Kritikerumfrage des Magazins „Downbeat“ in vier Kategorien ab. Für ihr Album „For One to Love“ bekam sie 2016 den Grammy für das „Best Jazz Vocal Album“. Die Rede ist von Cécile McLorin Salvant, die von Kritikern mit Billie Holiday, Sarah Vaughan und sogar Ella Fitzgerald verglichen wird. Aber mit solchen Vergleichen ist es so eine Sache – auch in der Oper wird fast jede aufstrebende Sängerin als neue Callas bezeichnet.

Dabei hat McLorin Salvant das gar nicht nötig, denn sie verfügt über ein ganz eigenes, ausgereiftes künstlerisches Potenzial. Das wird auch bei ihrem Konzert in der Glocke deutlich, das unter dem Motto „Dreams and Daggers“ („Träume und Dolche“) steht. Das ist auch der Titel ihrer neuesten CD, von der allerdings nur wenige Songs Eingang in das Programm gefunden haben.

Ihre ausgesprochen warme und schöne Stimme nimmt vom ersten Augenblick an gefangen. Sie weist eine breite Palette von Ausdrucksmöglichkeiten auf, kann mädchenhaft zart sein, aber auch von betörender Sinnlichkeit. Bei McLorin Salvant gibt es keinen schrillen Ton. Sie führt ihre Stimme stets kontrolliert und mit perfekter Technik durch jeden Song. Dass sie eine klassische Gesangsausbildung genossen hat, ist immer wieder zu spüren.

Begleitet wird sie von dem hervorragenden Aaron Diehl Trio (mit Diehl am Klavier, Paul Sikivie am Bass und Kyle Poole am Schlagzeug). Die Musiker sorgen für einen wunderbaren Sound – nicht knallig, sondern von kammermusikalischem Feinschliff. Das Zusammenspiel der drei ist in ihrer Ausgewogenheit und Balance einfach beispielhaft. Und wenn etwa Sikivie am Bass soliert, wird der Einsatz von Klavier und Schlagzeug auf fast minimalistische Unhörbarkeit reduziert, ist für den Gesamtklang aber trotzdem von unverzichtbarer Präsenz.

Nicht nur auf Jazz beschränkt

McLorin Salvant hat ein breites Repertoire, das sich nicht auf Jazz beschränkt. Mit „Wives and Lovers“ von Burt Bacharach macht sie einen gelungenen Abstecher in die Pop-Welt, mit ihrer fulminanten Version von „Glitter and be gay“ aus Leonard Bernsteins „Candide“ gar einen Abstecher in die Oper, ebenso wie mit „Somehow I Never Could Believe“ aus „Street Scene“ von Kurt Weill, einem traurigen Lied über Sehnsucht nach Glück und verlorene Liebe.

Da sind sie, die „Dreams and Daggers“. Dieser Song ist einer der Höhepunkte des Konzerts, ebenso wie „On the Street Where You Live“. McLorin Salvant hat dieses Lied aus „My Fair Lady“ für ihre verjazzte Version adaptiert, ohne die eingängige Schönheit der Melodie zu verletzen. Ebenfalls aus einem Musical („Funny Girl“) stammt „If A Girl Isn’t Pretty”, bei dem sich McLorin Salvant von ihrer humoristischen Seite zeigt. Swingend geht es durch „Nothing Like You“ von Bob Dorough, temporeich durch „Devil May Care“ (ebenfalls von Dorough). Besonders bei diesem Song bekommen die Musiker Raum um ihre Fähigkeiten mit lässig dahinströmender Musik zu demonstrieren.

Nach gut 90 Minuten und zwei Zugaben, darunter „You Ought to be Ashamed“ von Bessie Smith, das sie stimmgewaltig ohne Mikro und ohne Begleitung singt, endet ein Jazz-Abend der Extraklasse.

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