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Schweine sind auch nur Menschen

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Fehler Is King: Showcase Beat Le Mot wollen in „Animal Farm“ gar nicht richtig Englisch sprechen. - Foto: Atia Trofimoff
Fehler Is King: Showcase Beat Le Mot wollen in „Animal Farm“ gar nicht richtig Englisch sprechen. © Atia Trofimoff

Bremen - Von Rolf Stein. Mit einem beherzten Bekenntnis zum „Denglisch“ nehmen die vier Performer von Showcase Beat Le Mot George Orwells Parabel-Klassiker „Animal Farm“ (deutscher Titel: „Farm der Tiere“) auseinander. Und am Ende ist es ein bisschen wie einst in Andrzej Worons Inszenierung von Luigi Pirandellos „Riesen vom Berge“ in der Concordia: Mit pompösen Masken wanken die Riesen von der Farm aus dem Theater und lassen das Publikum ein bisschen perplex, aber durchweg erheitert zurück.

Am Donnerstag war das Stück, das bereits 2014 im Theater an der Parkaue in Berlin uraufgeführt wurde, Zielgruppe: Jugendliche ab 14 Jahren. Die sind es schließlich, die im Englischunterricht mit Orwells Buch traktiert werden, um zu der mäßig originellen Erkenntnis zu gelangen, dass Stalin auch nicht alles richtig gemacht hat. Was wiederum heute erst recht nicht mehr aktuell scheint.

Die Übersetzung in liebevoll schlampertes Deutsch-Englisch ist dabei nur ein Trick, um die stets von Ablenkung gefährdete Klientel bei der Stange zu halten. Der zweite, mindestens ebenso wirkungsvolle: Das Publikum ist ausdrücklich aufgefordert, sich im Raum zu bewegen – und falls man auf den Schabernack keine Lust mehr hat, bietet eine blickdichte Kiste eine Rückzugsmöglichkeit.

Darin liegt natürlich eine Ermächtigung, die ganz grundsätzlich ein anderes Theatererlebnis ermöglicht. Als Setting für ausgerechnet „Animal Farm“, basierend auf einem Text über eine gescheiterte Revolution, bekommt es noch eine zusätzliche Wucht: Denn es sind schließlich bei Orwell und auch bei Showcase Beat Le Mot die revolutionären Subjekte selbst, die ihr großes Gesellschaftsprojekt in den Sand setzen. Indem Showcase Beat Le Mot das Publikum aus der Passivität befreien, setzen sie potenziell noch mehr in Bewegung als dessen Körper. Das bewusst mit Fehlerhaftigkeit arbeitende Englisch des Stücks lässt sich übrigens ähnlich verstehen.

Bewegung spielt derweil eine zentrale Rolle in diesem Stück, wörtlich wie im übertragenen Sinne. Wo die Verhältnisse zum Tanzen gebracht werden, müssen die Leiber mit. Von japanischem Butoh-Tanz inspiriert, aber auch in herrlich alberner Tiermimikri erwecken sie in Krachledernen den Bauernhof zum Leben, während an den Wänden und auf Sockeln Relikte menschlichen und tierischen Lebens ausgestellt sind. Es geht, so sieht das aus, nicht nur um Gewaltverhältnisse unter Menschen, sondern auch unter den Spezies.

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