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Eine Stimme des Fortschritts

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Oum besingt auch schon mal Bäume. Foto: Lamia Lahbabi
Oum besingt auch schon mal Bäume. Foto: Lamia Lahbabi © -

Worpswede - Von Rolf Stein. Schon vor dem Konzert der marokkanischen Musikerin Oum und ihrer Band lässt sich erahnen, dass einiges anders sein würde als sonst: Ein Schlagzeug steht nicht auf der Bühne, dafür vorn, rechts und links der Bühnenmitte, zwei kleine Tische. Auf einem davon befindet sich ein Leuchtkristall. Was ein wenig esoterisch anmutet, findet sich auch in der Musik wieder. Über schwebenden Klangteppichen entfaltet sich Oums schlanke, ausdrucksstarke Stimme, mit der sie dann auch mal den Bäumen eine Hymne singt.

Keine Frage, eine spirituelle Ebene hat Oums Musik. Sie ist aber auch ein schönes Beispiel dafür, wie sich Tradition und Moderne verbinden lassen, über die Grenzen von Nationen hinweg, aber auch religiöse Konfessionen transzendierend. In den Stücken ihres neuen Albums „Daba“, die am Samstagabend in der Worpsweder Music Hall auf dem Programm standen, erklingen Anleihen bei der Musik der nordafrikanischen Berber und beim psychedelischen Jazz des elektrischen Miles Davis, arabische Kantilenen, eine reizvolle Polyrhythmik mit elektronischen Beats von Carlos Mejias, der gelegentlich auch zum Saxofon greift. Yacir Rami spielt auf der Oud immer wieder unisono mit Mejias und dem Trompeter Camille Passeri, während Damian Nueva das Bass-Fundament legt.

In ihren Songs verhandelt die Sängerin nicht nur Botanisches, sondern legt auch ein Wort für Frauen ein, für Meinungsfreiheit und für jene Menschen, die aus unterschiedlichsten Gründen ihre Heimat verlassen müssen. Als Konzertbesucher der Music Hall bekommt man davon allerdings nicht unbedingt etwas mit, es sei denn, man ist des Arabischen mächtig. Die wenigen Ansagen gehen unter im Applaus.

Was einerseits unterschlägt, dass Oum in Marokko nicht zuletzt deshalb zur Ikone wurde, weil sie in dem Königreich eben auch eine Stimme des Fortschritts ist. So saß sie im vergangenen November bei der Musikmesse Visa For Music in der marokkanischen Hauptstadt Rabat auf einem Podium, auf dem die Situation von Frauen in der Musikindustrie diskutiert wurde. Ihr Vortrag sprengte locker jede vereinbarte Redezeit – aber man verzieh es ihr. Sie ist eben Oum.

Andererseits erhielt ihr Auftritt in Worpswede so einen Flow, der vor allem im zweiten Teil dann auch mitreißen konnte, nachdem vor der Pause manches doch etwas wohltemperiert ausfiel.

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