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Sprengel-Museum zeigt Pakosta

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Selbstporträt von Florentina Pakosta. - Foto: Peter Ertl
Selbstporträt von Florentina Pakosta. © Peter Ertl

Hannover - Von Jörg Worat. Vorne bizarre, teils riesengroße Köpfe, hinten beinharte Abstraktion in teils grellen Farbkontrasten: Ohne nähere Kenntnisse würde man wohl kaum auf die Idee kommen, dass die Werke in der Wechselausstellungs-Halle des Sprengel-Museums von ein und derselben Hand stammen. Doch so ist es – Florentina Pakosta schert sich wenig um gängige Stil-Zuordnungen.

Die in Zusammenarbeit mit der Albertina in Wien konzipierte Schau ist für die österreichische Künstlerin, die kürzlich 85 Jahre alt geworden ist, die allererste Museumsausstellung in Deutschland. Und man muss sich fragen, warum das so lange gedauert hat: Dieses Werk ist extraordinär.

Den Einstieg bilden frühe, sehr beeindruckende Milieustudien, aber schon bald zeigt ein Blatt, welche Grundthematik der Künstlerin am Herzen liegt: Wenn Rotkäppchen da mit dem Messer auf den niedergestreckten Wolf losgeht, werden unmissverständlich feministische Tendenzen deutlich.

Das ist schon von daher nachvollziehbar, als Florentina Pakosta sich in einer männerdominierten Kunstszene durchsetzen musste und ihr 1964 die Aufnahme in die Wiener Secession sowie die Gesellschaft bildender Künstler Österreichs verweigert wurde. Im Gespräch mit der temperamentvollen Künstlerin wird sehr deutlich, dass diese Verletzungen heute noch nachwirken. Und so bekommen die Männer in den entsprechenden Darstellungen kräftig ihr Fett weg.

Mal wachsen den „Herren der Schöpfung“ Messer oder Sägen aus dem Schädel, mal sind ihre Köpfe in Toilettenanlagen integriert, mal haben sie eine Kurbel am Mund, was zwangsläufig die Redensart von der „ewig gleichen Leier“ beschwört. Und mal stellt Pakosta gigantischen Bildern von männlicher Österreich-Prominenz, darunter der umstrittene Künstler Alfred Hrdlicka, ein ebenso überdimensionales Selbstporträt gegenüber – ihre Mimik ist dabei zwischen Lachen und Schreien angesiedelt.

Überhaupt die Riesenköpfe: Sie sind in Frontalansicht angelegt, weisen meist ein hauchfeines Netzmuster auf und erinnern teilweise mit ihren sonderbaren Grimassen an Franz Xaver Messerschmidts Charakterstudien im 18. Jahrhundert. 

Nach ebenso großformatigen, kaum weniger beeindruckenden Darstellungen von einzelnen Händen in unterschiedlicher Gestik und einer Station mit „Wimmelbildern“, auf denen haufenweise Schuhe oder Wäscheklammern zu sehen sind, folgt der große Bruch, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes: Das programmatische Bild „Zusammenbruch der Ostblockstaaten“ von 1989, das in der Ausstellung eine eigene Wand spendiert bekommen hat, zeigt nurmehr so etwas wie verbogene Stahlträger in Rot und Schwarz vor einem himmelblauen Hintergrund. 

Figurationen verschwinden in der Folge völlig aus diesem Werk, stattdessen dominieren dreifarbige Balkenstrukturen, die nur bedingt Durchblicke erlauben – diese Elemente beschwören den Zustand einer Transformation herauf, bei dem offen bleibt, ob jemals so etwas wie ein großes Ganzes dabei herauskommen wird. Durch die harten Kontraste können auch diese Bilder schmerzen, wenngleich auf andere Weise als die wunderlichen Köpfe.

Für Florentina Pakosta macht das, wie gesagt, ohnehin keinen Unterschied. Als sie jemand bei der Pressekonferenz nach ihrer Erklärung für einen derart radikalen Wandel fragt, lautet ihre Antwort: „Ich kenne nur einen Stil. Nämlich meinen.“

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