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Mariza singt in der Bremer Glocke

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Mariza bestätigt auch in Bremen ihren Ruf als „Königin des Fado“.
Mariza bestätigt auch in Bremen ihren Ruf als „Königin des Fado“. © Carlos Ramos

Bremen - Von Wolfgang Denker. Ihre Stimme ist phänomenal, gleitet kraftvoll durch alle Lagen, kann warm und zärtlich, aber auch hart und schneidend sein. Aber immer ist sie überwältigend ausdruckvoll und von bezwingender Intensität.

Die Rede ist von der Fado-Sängerin Mariza, die auf den großen Bühnen der Welt zu Hause ist, von der New Yorker Carnegie Hall bis zur Londoner Royal Albert Hall. Als „Königin des Fado“ wird sie bezeichnet – und diesen Ruf bestätigt sie bei ihrem gut zweistündigen Gastspiel in der Bremer Glocke voll und ganz.

Erstes Album nach fünf Jahren Schaffenspause

Im Gepäck hat sie insbesondere die Lieder ihres aktuellen Albums „Mundo“, das nach einer fünfjährigen Schaffenspause (sie bekam einen Sohn) entstanden ist. Mariza kommt im gewagten Abendkleid auf die abgedunkelte Bühne, dort begleitet sie die traditionelle Fado-Besetzung: klassische und portugiesische Gitarre sowie Bassgitarre.

Der Fado (von Fatum – Schicksal) stammt aus Portugal. Es sind Lieder, die vor allem von unglücklicher Liebe oder der Sehnsucht nach besseren Zeiten handeln. Zumeist Mollmelodien und Tonhöhensprünge sind charakteristisch. Bei den ersten Liedern bleibt Mariza ganz beim klassischen Fado. Darunter ist auch ihr erklärtes Lieblingsstück „Primavera“ („Frühling“), natürlich tieftraurig über eine zerbrochene Liebe: „Keiner spreche mir vom Frühling, wär doch nur an diesem Tag für uns des Lebens Schluss gewesen.“

Sensationell

Mariza hat auch afrikanische Wurzeln. Ihr Vater ist Portugiese, ihre Mutter stammt aus Moçambique. Das wird in dem Lied „Ó ai ó linda“ sehr deutlich, das afrikanische Einflüsse trägt und mit ungewohnter Fröhlichkeit überrascht.

Dann ein Szenenwechsel: Die Sängerin kommt im knallroten Kleid auf die Bühne, das Musikerensemble wird um den Schlagzeuger erweitert. Mariza hat den Fado um neue Akzente und neue Lieder bereichert. Bei ihr ist Fado nicht nur ein Musikstil, sondern auch ein Lebensgefühl. „Meine Stimme ist immer Fado“, sagt sie und singt in „Meu Fado meu“ („Mein ganz eigener Fado“) nur von den Gitarren begleitet die Worte „Ich trage einen Fado in meinem Gesang, ich singe in der Nacht bis der Tag erwacht.“ Und wie sie mit ihrer Stimme Leidenschaft und Sehnsucht ausdrückt, Aufbegehren und Schmerz in Klang umwandelt, ist sensationell gut. Und sie schafft es, die alten Lieder, etwa die der von ihr sehr verehrten Amália Rodrigues, und die neuen Lieder zu einer stilistischen Einheit zu verschmelzen.

Gesang der Zuschauer wirkt in dieser Darbietung wie ein Fremdkörper

Mariza bewegt sich dabei mal grazil über die Bühne, dann reckt sie einen Arm in die Höhe oder macht ein paar Tanzschritte. Ihre Körpersprache befindet sich dabei stets im Einklang mit der Musik. Und wie kraftvoll ihre Stimme ist, beweist sie bei einer ganz ohne Mikrofonverstärkung gesungenen Einlage. Besonders herausragend sind die Lieder „Chuva“ („Regen“), das sie ihren portugiesischen Freunden widmet. Oder „Sem ti“, dass zunächst sehr introvertiert daherkommt und bei dem die Gitarristen ein ausgesprochen reizvolles Klanggeflecht entwickeln.

Überhaupt die Musiker: José Manuel Neto (portugiesische Gitarre), Pedro Jóla (klassische Gitarre), Fernando Araújo (Bassgitarre) und Hugo Marques (Schlagzeug/Percussion) sind hervorragend aufeinander eingespielt und sorgen für berückende Klangerlebnisse.

Zu lang gerät allerdings ihre Bemühung, das Publikum zum Mitsingen zu animieren. Das gelingt ihr zwar bei „Padoce“, aber dieser „Gesang“ der Zuschauer ist eher ein Fremdkörper. Bei den vielen Zugaben entfernt sie sich auch durchaus vom Fado, etwa mit ihrer eigenwilligen Fassung von Baden Powells „Canto de Ossanha“. Fado-Sängerinnen können eben auch pure Lebensfreude zeigen.

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