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Friedhof der Diddlmäuse

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Stofftiere haben es schwer in „Supernazi VS Diddl Maus“. - Foto: Jan van Hasselt
Stofftiere haben es schwer in „Supernazi VS Diddl Maus“. © Jan van Hasselt

Bremen - Von Rolf Stein. Der Titel „Supernazi VS Diddlmaus“ klingt ironisch skandalös, das Wort „Nazi“ erzeugt nach wie vor maximal Aufmerksamkeit, während die Cartoon-Figur „Diddlmaus“ dagegen nach Einschätzung nicht namentlich genannt werden wollender Experten als definitiv aus der Mode gekommenes Pop-Phänomen gelten darf. Dass derlei wiederum am Wochenenende laut Ankündigung in einem „Ton-Bild-Vortrag“ verhandelt werde, lockt auf eine wieder andere, durchaus trügerische Fährte.

Der Bremer Filmemacher. Musiker und Regisseur Jan van Hasselt, der den Abend verantwortet, hat schon vor einem Jahr mit „A.r.G.da.Na.ni“ die Form einer „Lecture Performance“ weit ausgelegt. Und sich im Übrigen auch damals schon mit etwas in die Jahre gekommenen Phänomenen der Pop-Kultur beschäftigt. King Kong, Frankensteins Monster – solche Figuren eben, wobei wir mit der letztgenannten dann auch schon im Stoff von „Supernazi VS Diddlmaus“ sind.

Der junge Schweizer Viktor Frankstein erschafft in Mary Shelleys Roman seinen künstlichen Menschen in ingolstadt. Auch sonst. erklärt van Hasselt, sei Deutschland einst zwar Tummelplatz für allerlei Monster und Helden gewesen, von Siegfried bis Nosferatu.

Während sich allerdings Japan ab Mitte der 50er-Jahre mit Godzilla gruselte und die Traumata des verlorenen zweiten Weltkriegs und der Atombomben von Hiroshima und Nagasaki verarbeitete, traten in den USA Superman, Batman, Spider-Man und andere für das Gute ein. In Deutschland dagegen? Eine einschlägige Internetsuche verläuft sich in Spezialwissen. Van Hasselt ist – auch das eher eine Sache für Nerds – bei seinen Recherchen zum neuen Abend auf „Perry Rhodan“ gestoßen.

Haben wir etwa einfach unseren Brecht verinnerlicht, der seinen Galileo sagen lässt: „Unglücklich das Land, das Helden nötig hat“? Unwahrscheinlich, dass er im Gegenzug an einer Diddlmaus viel fände. Wofür steht sie aber dann? „Einfach lieb“ ist sie, sagt van Hasselt. 

Was das über eine Gesellschaft aussagt, die auf Superhelden verzichten kann, ist eine zentrale Frage in „Supernazi VS Diddlmaus“, zu deren Beantwortung van Hasselt wie bei „A.r.G.da.Na.ni“ den Bremer Autor Christoph Spehr als „kulturanthropologischen Kettenraucher“ und „ANKK L“ als Begleitband gebeten hat. Letztere, um der Performance Sinnlichkeit einzuhämmern, ersterer für das Theoretische.

Jan van Hasselt: „Supernazi VS Diddlmaus“, Ton-Bild-Vortrag, Premiere am Freitag, 20 Uhr, außerdem am Sonnabend, 20 Uhr, Schwankhalle, Bremen.

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