1. Startseite
  2. Kultur

Aus der eigenen Sammlung: Das Wilhelm-Busch-Museum macht die Liebe zum Thema

KommentareDrucken

Der Brite James Gillray zeigt in seiner Karikatur „The Bridal-Night“ aus dem Jahr 1797 Friedrich Wilhelm Karl von Württemberg und Charlotte Auguste Mathilde von England auf dem Weg zur Hochzeitsnacht. - Foto: Museum Wilhelm Busch
Der Brite James Gillray zeigt in seiner Karikatur „The Bridal-Night“ aus dem Jahr 1797 Friedrich Wilhelm Karl von Württemberg und Charlotte Auguste Mathilde von England auf dem Weg zur Hochzeitsnacht. © Museum Wilhelm Busch

Hannover - Von Jörg Worat. „A long wife – short husband / and a long love letter“: Die Karikatur mit dieser Beschriftung ist nicht datiert, da sie aber nachweislich von Altmeister George Cruikshank stammt, weiß man, dass Beziehungen zwischen Mann und Frau auch im 19. Jahrhundert ihre Tücken haben konnten. Denn abgebildet ist hier in der Tat eine hoch aufgeschossene Frau beim Spaziergang mit einem zwergenhaften Mann, der aufgrund seiner Körpergröße nicht mitkriegt, dass seine Begleiterin gerade über die Mauer einen Liebesbrief zugesteckt bekommt.

Es hat also seine Gründe, wenn das Wilhelm-Busch-Museum den Ausstellungstitel „Alles Liebe?!“ sowohl mit einem Ausrufe- als auch einem Fragezeichen versieht und den vieldeutigen Untertitel „Von Lust, Lastern und Leidenschaft“ hinzufügt. Die Schau läuft parallel zur spektakulären Präsentation von Bernd Pfarr (wir berichteten) und droht ungerechtfertigterweise ein wenig unterzugehen, obwohl sie nicht viel kleiner ist.

Sämtliche Exponate stammen aus der hervorragenden hauseigenen Sammlung. „Es kam uns darauf an“, betont Museumsdirektorin Gisela Vetter-Liebenow, „eine breite Auswahl zu zeigen, sowohl in Hinblick auf die vielen Facetten des Themas als auch auf die Entstehungszeit. Wir wollten außerdem neben Klassikern auch Künstler präsentieren, die heutzutage vielleicht weniger bekannt sind.“

All das wurde eingelöst. Es ist ein Streifzug durch die Jahrhunderte geworden, bei dem natürlich die britischen Pioniere der Karikatur mit ihrer spitzen Feder nicht fehlen dürfen: Neben Cruikshank und Thomas Rowlandson ist etwa James Gillray vertreten, der 1797 „Die Brautnacht“ darstellte, in höchst dreister Manier, sind doch die Personen, die hier zum Schlafgemach schreiten, identifizierbar. Es geht um den ehelichen Bund zwischen Friedrich Wilhelm Karl von Württemberg und Charlotte Auguste Mathilde von England, wobei der Bräutigam annähernd kugelförmig gezeigt wird – tatsächlich soll Friedrich an die 200 Kilogramm gewogen haben, dies allerdings bei einer Körpergröße von mehr als 210 Zentimetern. Jedes Detail hat hier seine Bedeutung: Dass etwa der Brautvater, Georg III., sichtlich abgerockte Kerzen in den Kandelaber gesteckt hat, ist ein Hinweis auf die ihm zugeschriebene Sparsamkeit.

Bleibt man bei den britischen Zeichnern und betrachtet das andere Ende des Zeitpfeils, landet man etwa bei Gerald Scarfe, der im Busch-Museum unlängst mit einer Einzelausstellung gewürdigt wurde und hier unter anderem mit einer Arbeit von 2009 vertreten ist: Das Blatt zeigt die damalige französische Wirtschafts- und und Finanzministerin Christine Lagarde als Dominatrix.

Dazu kommen Namen wie Searle und Goya, Deix und Daumier, Loriot und Hogarth. Franziska Becker steuert Feministisches bei, Tomi Ungerer auch schon mal Drastisches, und natürlich darf Namenspatron Wilhelm Busch nicht fehlen. Es gibt Neu- und Wiederentdeckungen wie den in der Nachkriegszeit populären Hanns Erich Köhler oder Gustav Kühn, bei dem nicht einmal alle genauen Lebensdaten bekannt sind – das Paar auf seinem Blatt scheint einen eher rauen Umgangston zu pflegen, jedenfalls klingen die Worte der Frau nicht besonders zärtlich: „Ick haue dir gleich in deine Volksküche, daß deine Zähne obdachlos werden“.

Ebenfalls etwas ungelenk, aber doch spürbar versöhnlicher äußert sich auf einem Blatt von Albert Schäfer-Ast (1890 bis 1951) der Mann, der seine Gefährtin auf der Parkbank wissen lässt: „Ich liebe Dir, ich liebe Dich und weiß doch nich wie’s richtig is und is mich auch Pomade!“ Und überhaupt ist die Ausstellung keineswegs ein einziges Gruselkabinett – schließlich heißt es ja gerüchteweise, dass die Liebe manchmal auch ihre behaglichen Seiten haben soll.

Die Schau „Alles Liebe?! Von Lust, Lastern und Leidenschaft“ ist bis zum 17. Februar zu sehen.

Auch interessant

Kommentare