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Der Teufel und ich: Infernalisch im zweiten Anlauf

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Auch wenn der Abend anfangs so vor sich hindümpelt, bekommt Dominique Horwitz schließlich doch noch die Kurve. - Foto: Ehlers
Auch wenn der Abend anfangs so vor sich hindümpelt, bekommt Dominique Horwitz schließlich doch noch die Kurve. © Ehlers

Syke - Von Jan-Paul Koopmann. Jeder hat mal einen schlechten Tag. Aber wenn es dem leibhaftigen Satan passiert, bleibt einem doch beinahe das Herz stehen. Keine Panik, nach der Pause hat Dominique Horwitz die Kurve in Syke noch gekriegt, doch bis dahin war es ein harter Weg. Fast tragisch: Den Beelzebub hat Horwitz schließlich früher schon mal überzeugend gegeben, in der Uraufführung von „Black Rider“, dem spektakulären Freischütz-Musical am Hamburger Thalia Theater. Legendär ist das Stück heute auch, weil die Gegenkultur so produktiv darin verstrickt ist: William S. Burroughs, Tom Waits und Bob Wilson hatten das Werk konzipiert. Das war Horwitz‘ wirklich großer Moment als diabolischer Stelzfuß mit Segelohren.

Und heute, bald 30 Jahre später, zieht Horwitz mit genau diesen Songs durchs Land, durch große und eben auch kleine Städte. Am Dienstag gastierte er mit seiner Revue „Me an the Devil“ im Syker Theater.

Müde wirkt er anfangs, der rote Anzug passt nicht recht und die Rahmenhandlung dümpelt so vor sich hin. „Mein Name ist … egal“, sagt der Teufel, stolziert auf und ab und versucht einen verklemmten Flirt mit dem Publikum. Aber das Knistern kommt dann doch. Die Songs sind ja einfach zu schön und die siebenköpfige Band ist obendrein in Topform. Aus ironischer Ferne erzählt Horwitz Carl Maria von Webers Oper „Der Freischütz“ nach: Die Liebesgeschichte von Agathe und von Max, der mit den Förstern schießen muss, aber, wie Horwitz sagt, „die Büchse nicht hochbekommt“. Der Teufel hilft mit Zauberkugeln aus – und natürlich hat die Sache einen Haken.

Pakt mit dem Teufel ein alltägliches Geschäft

Horwitz garniert den Stoff mit Managersprech: Rendite hier, Profite da. Der Pakt mit dem Teufel ist heute längst ein alltägliches Geschäft, auch in Liebesdingen: „Männliche Gefühlsökonomie“, sagt der Teufel dazu. So richtig zündet es nach der Pause. Da greift die Routine des Schauspielers und eben auch Sängers, der mit Jacques Brel oder seinem „Best of Dreigroschenoper“ seit Jahren große Erfolge einfährt. Vom Freischütz nimmt er inhaltlich bald Abschied – die Geschichte sei ihm doch eigentlich egal. Wir wissen ja eh, was Sache ist: Sie will ihn, er will sie, und „ich“, sagt der Teufel „habe die ganze Arbeit“.

Wo die Probleme so durchsichtig auf dem Tisch liegen, da ist Raum für Spielerei drumherum. Und die macht wirklich Spaß: vom Rande, aus dem tau-nassen Forst, grüßen Webers herrlich dusselige Bläser. Vorne rockt Horwitz mit seinem „Black Rider“ Best-of: vom süß gelallten Titelsong über die melancholische „November“-Nummer – hier treffsicher konterkariert von „September“, dem Disco-Kracher von Earth, Wind and Fire. 

Liebeserklärungen an die verruchte Musik

Überhaupt blitzt viel Mainstream auf. Manchmal so heimlich zwischendrin, wenn das berühmte Riff von „Highway to Hell“ erklingt, oder auch mal etwas länger, wo Johnny Cash mit ein, zwei Strophen zu Wort kommt.

Ein zweites „Black Rider“ ist die Show trotzdem nicht geworden. Aber doch ein großer Spaß mit mal mehr, mal weniger offensichtlichen Liebeserklärungen an die verruchte Musik – und an Ausnahmemusiker wie Tom Waits, auf den sich der Teufel, wie er sagt, in der Hölle schon wie Bolle freut. „So come along with the Black Rider“, heißt es im Text, „We‘ll have a gay old time.“ Und weil das dann auch so stimmt, feiert man schließlich auch im Syker Theater die fröhlichen alten Zeiten – mit langem Beifall im Stehen.

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