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Museumschefin: „Karikaturisten nicht den Mund verbieten“

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Die Museumsdirektorin Gisela Vetter-Liebenow.
Die Museumsdirektorin Gisela Vetter-Liebenow. © dpa

Hannover - Von Christina Sticht. Zeichner aus aller Welt haben via Twitter ihre Solidarität mit den von Terroristen getöteten Kollegen von „Charlie Hebdo“ bekundet. Auch im Museum Wilhelm Busch sind die Mitarbeiter tief betroffen von dem Anschlag auf die Meinungsfreiheit.

Das Museum Wilhelm Busch stellt regelmäßig internationale Karikaturisten vor. Derzeit präsentiert das Haus in Hannover eine Retrospektive des Comic-Künstlers Ralf König, der in seinen Zeichnungen nicht nur die schwule Subkultur, sondern auch das Verhältnis von Christen und Muslimen aufs Korn nimmt. Museumschefin Gisela Vetter-Liebenow erlebte zwar schon heftige Debatten bei Ausstellungen mit religionskritischen Themen, aber noch keine Bedrohungen.

Kannten Sie die bei dem Terroranschlag in Paris getöteten Cartoonisten der Zeitschrift „Charlie Hebdo“?

Gisela Vetter-Liebenow: Persönlich kannte ich sie nicht, ihre Karikaturen sind mir jedoch natürlich vertraut. Ich bin zutiefst betroffen und bekunde meine Solidarität mit „Charlie Hebdo“. Es ist zu hoffen, dass die Terroristen nicht das erreichen, was sie wollen - nämlich Karikaturisten und Institutionen den Mund zu verbieten. Auch wenn ich nicht mit jeder Meinungsäußerung von „Charlie Hebdo“ übereinstimme, toleriere ich sie.

Wie weit dürfen religionskritische Karikaturen gehen?

Gisela Vetter-Liebenow: Es gilt grundsätzlich das Recht auf Meinungsfreiheit - natürlich auch für Karikaturisten, die aufzeigen, welcher Missbrauch im Namen einer Religion passiert. Ich würde aber keine Zeichnungen ausstellen, die eine Religion beleidigen. Das ist für mich ein Tabu.

Gab es schon mal Drohungen?

Gisela Vetter-Liebenow: Bei religionskritischen Themen gibt es Diskussionen. Wir haben das bei Ausstellungen von Ernst Kahl oder Gerhard Haderer erlebt, aber keine Bedrohungen.

Stand in Ihrem Museum schon mal zur Debatte, die dänischen Mohammed-Karikaturen zu zeigen?

Gisela Vetter-Liebenow: Nein, bisher nicht. Ich kann mir aber vorstellen, die Karikaturen in einem größeren Ausstellungskontext zur Frage „Was darf Satire?“ durchaus zu zeigen. Ich schrecke nicht aus Angst vor Drohungen vor einer solchen Ausstellung zurück.

Haben Karikaturen in Frankreich einen anderen Stellenwert als in Deutschland?

Gisela Vetter-Liebenow: Karikatur und Comic besitzen - unabhängig von religionskritischen Zusammenhängen - in Frankreich eine breitere Wahrnehmung als in Deutschland. Sie haben nicht nur im Magazin „Charlie Hebdo“ ein starkes Forum, sondern sind insgesamt in den Printmedien sehr präsent. Zudem sind die Satiriker auch noch sehr viel provokativer, sie gehen an die Grenzen und lösen immer wieder gesellschaftliche Debatten aus. Die Zeichnerriege, die jetzt ausgelöscht wurde, bestand aus Menschen, die ihre Stimme ganz laut erhoben haben.

Zur Person:  Gisela Vetter-Liebenow leitet das Deutsche Museum für Karikatur und Zeichenkunst Wilhelm Busch in Hannover. Das Haus verfügt über eine große Sammlung satirischer Kunst seit 1600. Es verwahrt zudem unter anderem die Nachlässe des Zeichners F.K. Waechter und der Karikaturistin Marie Marcks.

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