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Das Aufbäumen des Stürmers

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Jospeh Bastian macht auf seinem Weg nach oben auch in Bremen Station. - Foto: Astrid Ackermann
Jospeh Bastian macht auf seinem Weg nach oben auch in Bremen Station. © Astrid Ackermann

Bremen - Von Ute Schalz-Laurenze. Seit 2004 ist Joseph Bastian Soloposaunist im Orchester des Bayerischen Rundfunks. Verschiedene Assistenzen und Meisterkurse ließen ihn zeitgleich in den Beruf des Dirigenten schnuppern, seit 2011 leitet er das Abaco-Orchester in München und 2016 sprang er sogar bei seinem eigenen Orchester ein: „Sensationeller Einstand“ hieß es damals in der Presse. Der 36-jährige ist also auf dem Weg nach oben, wie er auch jetzt beim Konzert der Bremer Philharmoniker mit einem originellen Programm zeigen konnte – wiederum als Einspringer für Clemens Schuldt.

Das Programm heißt „Mozart und Molière“ und beginnt mit „Der Bürger als Edelmann“ nach der Komödie von Molière. Auch Strauss gelang es in seiner Oper, mit Ironie und Theaterwitz die Geschichte des Aufsteigers zu erzählen – ohne Szene bleibt die Musik in der Bremer Glocke zwar nett, aber doch eher belanglos. Alle Instrumente dürfen brillieren, an dieser Stelle soll es allerdings nur um Oleg Douliba (Violine) und Hannah Weber (Cello) gehen, die mit wienerischem Schmelz ihre Partien präsentieren.

Eine Rarität ist das Konzert für Trompete und Orchester Nr. 2 von André Jolivet, einem Einzelgänger und vollkommen unterschätzten Komponisten. Er schrieb es 1954, im Jahr 2018 lotet der Solist Jeroen Berwaerts die archaisch wirkenden Riesenmelodien sehr schön aus. Ganz zu schweigen vom Orchester, das die Anforderungen aus Jazz und Folklore bravourös bewältigt. Eine seltene Aufführung, für die man sich nur bedanken kann.

Eine Zugabe gelingt dann nur mit dem Publikum zusammen: Männer und Frauen singen jeweils eine Melodie und obendrüber der Trompeter. Das gab‘s auch noch nicht bei den Philharmonikern.

Am Ende zeigt Bastian dann selbst, wie er Mozart sieht: als Stürmer und Dränger, geleitet von tiefen Emotionen. Die Sinfonie Es-Dur KV 543 ist die erste der drei rätselhaft gebliebenen letzten Sinfonien aus dem Sommer 1788, die ohne Auftrag in kürzester Zeit entstanden sind. Ungemein scharf die Dissonanzen, machtvoll die Schläge, rasant die Tempi. Auch der Klangzauber des Andante führt schnell wieder zu Aufbäumen und Widerstand: Es ist die Zeit der Bettelbriefe an den Logenbruder Puchberg. Bastian musiziert das alles genau, ruhig und überlegen, versetzt mit einer eindrucksvollen Partnerschaftlichkeit gegenüber den Musikern. Wohl verdienter Beifall.

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