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Keine neue Nina Hagen

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Zweidimensional: Sammler Arne Buhrdorf neben zwei Nina-Hagen-Pappaufstellern. Fotos: Julian Stratenschulte
Zweidimensional: Sammler Arne Buhrdorf neben zwei Nina-Hagen-Pappaufstellern. Fotos: Julian Stratenschulte © -

Hannover - Von Jörg Worat. „Super-Sound oder Sauerei?“ Und: „Ist das textlich der Sound der 80er-Jahre?“ Fragen, die sich die „Bravo“ nach dem Erscheinen des Albums „Unbehagen“ stellte. Und die jetzt mitsamt anderen Pressclips im Theatermuseum ausliegen, wo, richtig, eine Ausstellung über Nina Hagen zu sehen ist.

Die Schau ist ein Querschnitt durch die Kollektion des Berliners Arne Buhrdorf, der als bekennender Fan der schrillen Sängerin mehr als 2 000 Zeitungsartikel und mindestens 1 000 sonstige Stücke von der Platte bis zum Backstage-Pass gesammelt hat. Gemessen am Standard dieses Museums ist es allerdings eine enttäuschende Präsentation geworden.

Das hat weniger mit der Gestaltung als mit dem Thema zu tun. Die Spezialität des Hauses ist, sofern es um Darstellungen von Einzelpersönlichkeiten ging, stets eine mehr oder weniger ausgeprägte Mehrbödigkeit gewesen, die weitgehend unbekannte Facetten der Prominenten offenlegte – sei es die tragische Seite von Romy Schneider, die selbstkritische von Joachim Fuchsberger oder zuletzt die ausgeprägt bürgerliche von Falco. Und das Prinzip, Brüche aufzuzeigen, funktioniert nun einmal schlecht, wenn, wie im Fall von Nina Hagen, der Bruch als solcher bereits das Prinzip ist.

Was also soll bei dieser musealen Reise durch zwölf Kapitel wie „DDR“, „Punk“, „Stilikone“ oder „Schauspielerin“ noch überraschen? Gut, vielleicht ist nicht jedem bekannt, dass es 1975 eine Single namens „He, wir fahren aufs Land“ gab oder dass Nina Hagen einst Werbung für Ahoj-Brause machte, aber ein auch nur andeutungsweise neues Image ergibt sich daraus sicherlich nicht. Und wer sich ein wenig mit der Künstlerin beschäftigt hat, weiß, dass sie neben etwas anstrengenden und nicht immer ganz stringenten Äußerungen zu Ufos und ähnlichen Exotika auch durchaus ernst zu nehmende Betrachtungen auf Lager hat, beispielsweise über eine gewaltfreie Psychiatrie.

Die man in dieser Ausstellung allerdings auch nicht wirklich vertiefen kann. So mag der Besucher bei einem Rundgang durch Cover, Autogrammkarten und Merchandise-Artikeln vom Sticker bis zum Kartenspiel vielleicht hier und da amüsiert die Augenbrauen heben; es läuft auch, wie im Theatermuseum üblich, ein Film – interessante Abzweigungen indes sind kaum zu finden.

Das ist eher möglich bei einer deutlich kleineren Ausstellung im Untergeschoss. Die ist der 2017 verstorbenen Schauspielerin Christine Kaufmann gewidmet, und in den Fotos ihres Bruder Hans-Günther spiegeln sich neben einem gewissen Zeitgeist vor allem viele Untertöne. Sie stehen im Kontrast zu einer Vitrine, die Christine Kaufmann als Kinderstar in Filmen wie „Rosen-Resli“ oder „Witwer mit fünf Töchtern“ zeigt. Ihr Bruder fängt subtil nachdenkliche wie ausgelassene Stimmungen ein, geht mit der Kamera mal voll ins Gesicht der Schauspielerin, mal setzt er sie in die Landschaft; mal sieht man sie mit Tony Curtis, mal mit den Töchtern Alexandra und Allegra, mal mit dem Maler und und Bildhauer Ernst Fuchs. Und wenn wir uns dem Jahr 1970 nähern, weht zuweilen unaufdringlich ein wenig Hippie-Flair durch die Bilder.

Das ist schön, das ist aufschlussreich. Und das ist anrührend, zumal wenn wir den Text im ausliegenden Beiheft zur Hand nehmen: „Gern hätte ich dich beschützt, aber du hast es nicht zugelassen“, schreibt da Hans-Günther Kaufmann an seine verstorbene Schwester. „Warum eigentlich nicht?“

Sehen

Bis 12. Januar, Theatermuseum Hannover;

Mehr über Nina Hagen im Internet: www.einfach-nina.de.

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