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Die kennt man doch?!

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Robin Sondermann (r.) in „Knausgård IV: Leben“.
Robin Sondermann (r.) in „Knausgård IV: Leben“. © -

Bremen - Von Frank Schümann. Neulich, im heimischen Wohnzimmer: Man macht den Fernseher an und denkt, den kenn ich doch – aber nicht aus dem Fernsehen. Aber woher bloß – vielleicht aus dem Theater? Die Chance, dass letzteres zutrifft, ist in Bremen und umzu gerade relativ groß. Zahlreiche Schauspieler, die in den vergangenen 20 Jahren auf den Bremer Bühnen zu sehen waren, haben sich mittlerweile in Film und Fernsehen etabliert. An sich nichts Besonderes, gelten doch städtische und freie Bühnen grundsätzlich als Sprungbrett für TV-Rollen – wenn man dies denn will und den Karriereplan so ausrichtet. Auffällig ist aktuell indes die Häufigkeit, mit der man ehemalige Bremer Bühnenschauspieler im Fernsehen sichtet.

Beispiel „Babylon Berlin“: in der im Berlin der späten 20er-Jahre angesiedelten Krimi-Serie, deren dritte Staffel gerade mit Erfolg auf Sky zu sehen ist, spielen gleich zwei Schauspieler mit, die in den Nuller-Jahren am Theater Bremen fest engagiert waren: Trystan Pütter und Jördis Triebel. Pütter, der einen Anwalt spielt, galt gegen Ende der Ära Pierwoß als großes Talent, das auch fast den begehrten, von den Bremer Theaterfreunden ausgeschriebenen Kurt-Hübner-Preis erhalten hätte – am Ende hat es nicht ganz gereicht. Immerhin konnte Pütter, der zwischen 2005 und 2007 zwei Spielzeiten lang in Bremen war, mit Produktionen wie „Die Möwe“ oder dem Fußball-Abend „Nach dem Spiel ist vor dem Spiel“ einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Dies tat er auch im WM-Sommer 2006 bei einem parlamentarischen Abend in der Bremer Bürgerschaft: Hier präsentierte Pütter mit seinen Kollegen zunächst Ausschnitte aus dem besagten Fußball-Programm und saß anschließend noch lange mit den Abgeordneten zusammen „Der kommt noch mal groß raus“, meinte damals eine Parlamentarierin.

Sie sollte recht behalten: der 1980 in Frankfurt geborene Trystan Pütter wechselte zunächst an die Berliner Volksbühne und startete nebenbei eine Filmkarriere, die ihm unter anderen Rollen in Filmen wie „Hilde“ (über Hildegard Knef), „Almanya“ oder dem Oscar-nominierten „Toni Erdmann“ einbrachte – Fahrt nach Los Angeles und Teilnahme an der Oscar-Verleihung inklusive. Im Fernsehen schaffte er mit seiner Rolle als Tanzlehrer Freddy in „Ku’damm 56/59“ den Durchbruch. Seitdem ist er sehr häufig zu sehen, unter anderem in Serien wie eben „Babylon Berlin“ oder (auch aktuell) „Bad Banks“. Pütter spielt mal zurückgenommen, mal forsch – beides sehr überzeugend.

Die Zeit in Bremen hat Trystan Pütter bei allem Erfolg nie vergessen, sie hat für ihn bis heute einen hohen Stellenwert: „Ich konnte mich damals austoben, habe sehr schnell große Rollen bekommen“, erinnert er sich: „Dabei konnte ich dann auch das Selbstvertrauen entwickeln, das man braucht, um an der Volksbühne zu bestehen.“ Er sei sehr dankbar für diese Erfahrungen – und auch sehr stolz auf diese aufregende Zeit.

Fast noch etablierter ist Jördis Triebel, die ebenfalls in „Babylon Berlin“ zu sehen ist. Die gebürtige Ost-Berlinerin spielt dort eine Kommunistin und Gefängnisinsassin. Im Gegensatz zu Pütter war sie ein Jahr länger in Bremen – und gewann für ihre Rolle in Ibsens „Baumeister Solness“ 2002 tatsächlich den Kurt-Hübner-Preis. 2004 verließ sie das Theater Bremen, zwei Jahre darauf wurde sie für die Titelrolle in dem Spielfilm „Emmas Glück“ (mit Jürgen Vogel) bereits mit dem Förderpreis Deutscher Film ausgezeichnet. Seither war und ist sie in unzähligen, auch internationalen Produktionen zu sehen, unter anderem in „Die Päpstin“, „Das schweigende Klassenzimmer“, „25 km/h“ und den Serien „Weissensee“ und „Dark“.

Ein bekanntes Fernsehgesicht ist auch Gabriela Maria Schmeide, die zwischen 1994 und 2007 zu den bekanntesten Mitgliedern des Schauspielensembles des Bremer Theaters zählte. Mit zahlreichen tragenden Rollen und ihrem Solo-Abend „Schon wieder so’ne Lust“ war sie eines der Aushängeschilder der erfolgreichen Intendanz von Klaus Pierwoß, der den schon damals großen Bekanntheitsgrad der Schauspielerin gut auszunutzen verstand. Parallel wirkte Gabriela Maria Schmeide (übrigens im Jahr 1996 auch Kurt-Hübner-Preisträgerin) auch damals schon an Fernsehproduktionen mit, unter anderem in „Die Polizistin“ und „Halbe Treppe“. Die 1965 in Bautzen geborene Schauspielerin war auch später in vielen großen Film- und Fernsehproduktionen zu sehen, unter anderem in Michael Hanekes preisgekröntem Werk „Das weiße Band“, Doris Dörries „Die Friseuse“, Sönke Wortmanns „Frau Müller muss weg!“ und zuletzt im Kino-Blockbuster „Lindenberg! Mach dein Ding“. Ein anderer Schauspieler aus der Bremer Pierwoß-Ära, Max Hopp, startete nach einem Jahr in Bremen ebenfalls schnell durch – ihn kennt man aus zahlreichen Fernsehserien und Filmen wie „Speed Racer“, „Bornholmer Straße“ oder zuletzt „Der goldene Handschuh“.

Die Liste ließe sich durchaus noch fortsetzen – gerade aus der Pierwoß-Zeit des Bremer Theaters, also den Jahren von 1994 bis 2007, haben sich viele Ensemblemitglieder mittlerweile in Film und Fernsehen etabliert, manche – wie Pütter, Triebel und Schmeide – ziemlich weit oben. Andere sind ab und an zu sehen: so wie Thomas Ziesch („Ein Fall für Zwei“) oder Andreas Krämer („Tatort“). Und auch aus späteren Intendanzen kann der Zuschauer bekannte Gesichter entdecken, etwa Daniel Fries oder Sven Fricke, der seit einiger Zeit zum Stamm beim „Großstadtrevier“ gehört.

Die Fernsehbeteiligung mit Bremer Schauspiel-Erfahrung ist aber nicht nur auf das Vierspartenhaus am Goetheplatz beschränkt: Auch die Shakespeare Company hat frühere Ensemblemitglieder, die via TV einem größeren Publikum bekannt sind – der bekannteste davon ist sicher der Österreicher Hans Sigl, der 1999/2000 Ensemblemitglied war und seit 2008 für ZDF und ORF in der Arztserie „Der Bergdoktor“ den Titelhelden gibt.

Ebenfalls etabliert in Film und Fernsehen ist die ehemalige Company-Darstellerin Birge Schade, die von 1994 bis 97 in Bremen war und sich mit Filmen wie „Baader“, „Hotte im Paradies“ oder „Kennedys Hirn“ sowie zahlreichen Serien einen Namen gemacht. Sie hatte allerdings schon vor ihrem Bremen-Engagement Film-Erfahrungen.

Übrigens sind die meisten der Genannten immer noch auch im Theater aktiv – nur die Schwerpunkte haben sich zum Teil verlagert. Auch in den aktuellen Ensembles gibt es Darsteller, die an freien Tagen drehen – der aktivste am Theater Bremen ist derzeit Robin Sondermann, der seit 2012 dem Ensemble des Hauses angehört, aber auch in zahlreichen Filmen und Serien zu sehen ist, etwa „Tatort“ oder „In Wahrheit“.

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