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Wenn Bauhäusler malen

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Magische Aura: Johannes Bertholds Kopf aus dem Jahr 1923 ist ebenfalls in der Dessauer Ausstellung zu sehen.
Magische Aura: Johannes Bertholds Kopf aus dem Jahr 1923 ist ebenfalls in der Dessauer Ausstellung zu sehen. © Veit-Mario Thiede

Dessau - Von Veit-Mario Thiede. Berühmtheit hat das Bauhaus mit Stahlrohrmöbeln und Tischlampen erlangt. Den Gegenpol zur zweckrationalen Produktgestaltung bildete die freie Kunst. Hoch verehrt wird dabei das Schaffen der als Lehrer am Bauhaus tätigen Künstler Lyonel Feininger, Wassily Kandinsky, Paul Klee und Oskar Schlemmer. Weitgehend unbekannt ist jedoch die Kunst ihrer Schüler. Ihren Arbeiten widmet das Bauhaus Dessau eine aufschlussreiche Schau. Sie umfasst 155 Werke von 63 Künstlern, die in Weimar oder Dessau das Bauhaus besuchten.

Kurator Lutz Schöbe berichtet: „Das Bauhaus war bis 1927 keine Stätte für die Ausbildung von bildenden Künstlern.“ Erst 1928 richteten Kandinsky und Klee freie Malklassen ein. Einem Schüler zufolge sei es das Ziel von Kandinskys Unterricht gewesen, die Studierenden durch das ständige Analysieren ihrer eigenen Arbeiten zur strengen Selbstkontrolle ihres Schaffens anzuhalten. Einen ähnlichen Ansatz verfolgte Klee: „Anleitung zur Selbstreflexion war das wesentliche methodische Kriterium“, wie Schöbe erklärt.

Die Schau zeigt, dass das Bauhaus keinen einheitlichen Kunststil, sondern vielfältige künstlerische Ausdrucksweisen hervorgebracht hat. Max Bill, in den 50er Jahren Gründungsdirektor der Hochschule für Gestaltung Ulm, schuf während seiner Zeit am Bauhaus mit Aquarellpinsel und Zeichenfeder „Die Sarazenenmühle“ (1928). Ein menschenleeres Traumbild, geheimnisvoll, ja unheimlich. Eine magische Aura umgibt den von Johannes Berthold aus Lindenholz geschnitzten und bemalten „Kopf“ (1923). Seine kreisrunden gelben Peilaugen sind mit einem Fadenkreuz ausgestattet und jeweils von einem skalierten Ring umgeben. Mit geringem Materialaufwand erzielt Franz Ehrlich große Wirkung: Er hat Draht zu einer tänzerisch luftigen „Figurine“ (1930) gebogen. Ehrlich machte später als Architekt des Ministeriums für Außenwirtschaft der DDR Karriere.

Viele Arbeiten kennzeichnet eine mehr oder weniger enge Beziehung zur geometrischen Abstraktion. Von Roman Clemens ist das Acrylgemälde „Verlagerung, 16/18“ (1982) zu sehen. Das auf die Spitze gestellte Quadrat ist mit transparenten, sich stellenweise überlagernden Dreiecken und Trapezen bemalt. Dadurch wird die rationale Konstruktion zur geometrischen Bizarrerie, die einen widersprüchlichen räumlichen Eindruck vermittelt. Der von Werner Drewes angefertigte Farbholzschnitt „Sommerhitze“ (1978) zeigt in unterschiedlichen Grüntönen gehaltene Vierecke, die von weißen Horizontalen, Vertikalen und Diagonalen umgrenzt oder durchzogen werden. Unversehens schlägt die geometrische Konstruktion in die Anmutung einer Großstadt mit Hochhäusern um. Drewes war 1930 in die Vereinigten Staaten ausgewandert, wo er zu einem Wegbereiter der dortigen abstrakten Kunst wurde. Mordecai Ardon emigrierte 1933 nach Jerusalem und wurde einer der wichtigsten Künstler für die Herausbildung einer modernen israelischen Malerei. Gezeigt wird sein Ölgemälde „Steine und Sonne“ (1962), eine gegenständliche Darstellung, die zu geometrischer Abstrahierung tendiert. Im bräunlichen Weltall glüht der Sonnenball knapp über den in der unteren Bildzone dargestellten Steinen. Sie unterscheiden sich in Größe, Farbe und Form voneinander – und verbinden sich doch zum Mauerwerk, das als Sinnbild der menschlichen Gemeinschaft zu verstehen ist.

Bis 1. März im Bauhaus Dessau, Gropiusallee 38, Dessau-Roßlau. Mo.-So. 10-17 Uhr . Eintritt: 7,50 Euro.

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