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Liebe ohne Schmelz

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Lisa Jacobs - Foto: Ronald Knapp
Lisa Jacobs - Foto: Ronald Knapp © -

Bremen - Von Ute Schalz-Laurenze. Manchmal geschieht es, dass man in Konzerten aus dem Publikum Stimmen aufschnappt, die viel treffender sagen konnten als der Rezensent es kann. Also soll an dieser Stelle zur Wiedergabe des Violinkonzertes op. 33 von Carl Nielsen der Herr sprechen, der vor der Rezensentin ging: „Da bleibt einem ja die Luft weg! Ich schmolz!“

Genauso ist es auch der Autorin dieses Textes beim gestrigen Konzert in der Glocke gegangen, als der russisch-amerikanische Dirigent Mikhail Agrest zum zweiten Mal die Bremer Philharmoniker leitete. Auch dieses Mal war seine Liebe zu erkennen. Seine Liebe zu zutiefst emotionaler Musik, aber auch seine Fähigkeit, daraus nie Schmelz zu machen. Davor schützt Agrest seine Genauigkeit, seine präzise Akzentuierungsfähigkeit und vielleicht sein unmissverständlicher Schwung, dem die Bremer Musiker wieder einmal so fabelhaft folgten.

Nielsens Violinkonzert ist ein höchst originelles Werk, gespickt mit immensen Schwierigkeiten, es wird von einigen Geigern für unspielbar gehalten. Die 1985 geborene dänische Geigerin Lisa Jacobs spielte es mit einer gefühlvollen Virtuosität. Doch nicht genug mit der überdimensionalen musikalischen Substanz – zwei riesige Kadenzen – und auch zeitlichen Überlänge von Nielsen, Jacobs beschenkte das Publikum auch mit der Caprice 11 von Paganini.

Und noch eine Rarität eines eigentlich bekannten Werkes: der Urfassung der später als vierte Sinfonie bezeichneten zweiten Sinfonie von Robert Schumann, von der John Eliot Gardiner einmal gesagt hat, sie brachte mehr Komplexität und ein neues Unbehagen in die Musik als jeder andere Komponist seiner Generation.

Die das Konzert einleitende Wiedergabe der sinfonischen Fantasie op. 49 von Jean Sibelius bewies einmal mehr, dass die Philharmoniker auch mit 14 ersten Geigen ein mehrfaches, verebbendes Pianissimo spielen können.

Heute Abend noch einmal um 19.30 in der Glocke.

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