1. Startseite
  2. Kultur

Männer werden einfach groß

KommentareDrucken

Seine Refrains bleiben im Gedächtnis: Frank Ramond.
Seine Refrains bleiben im Gedächtnis: Frank Ramond. © -

Von Rainer BeßlingHAMBURG (Eig. Ber.) · Er ist erfolgreicher Produzent und Deutschlands wahrscheinlich bester Songschreiber. Nun singt Frank Ramond auch seine Lieder. Sein Album „Große Jungs“ ist gerade in die Plattenläden gekommen. Natürlich wieder mit großartigen Texten, aber auch die Stimmer des Hamburgers kann sich hören lassen. Wir sprachen mit dem schreibenden Mann hinter Annett Louisan und Roger Cicero.

?Ging dem Coming Out als Sänger ein langes Ringen voraus? War es innerer Antrieb oder Druck von außen?

!Das kann man nur aus eigenem Antrieb machen. Hinzu kam dann noch ein Anstoß von außen. Meine Plattenfirma wollte ursprünglich ein Produzentenalbum von mir, so wie das Mark Ronson gemacht hat. Unter meinem Namen, mit verschiedenen Interpreten. Das gefiel mir nicht besonders. Bei arrivierten Künstlern muss ich mit deren festen Parametern arbeiten. Das führt zu Kompromissen und ist immer unschön. Nun haben die Leute von der Plattenfirma aber in einem Nebensatz fallen lassen, ich könnte ja einen oder zwei Titel selber singen. Und dann hab ich denen gesagt, ich kann auch ein ganzes Album selber singen.

?Ihre Texte für Roger Cicero oder Annett Louisan klingen passgenau auf die Interpreten zugeschnitten. Wie ist das nun bei Ihrem eigenen Album? Sind die Lieder maßgeschneidert für Frank Ramond?

!Was heißt zugeschnitten. Sie kommen ja aus mir heraus. Das sind meine Standpunkte, meine Erlebnisse, meine Fantasien.

?Lagen die schon in der Schublade und warteten darauf, endlich vom Verfasser selbst öffentlich gemacht zu werden?

!In der Schublade liegt bei mir überhaupt nichts. Erstens schreibe ich immer auf einen bestimmten Interpreten zu und zweitens verfolge ich keine Ideen zu Ende, bei denen ich auf halbem Weg schon merke, dass es nicht so gut wird, wie ich anfangs gehofft hatte.

?Wie viel von dem Menschen Frank Ramond ist auf dem Album zu hören?

!Da ist sehr viel von mir drin. Einiges ist natürlich übertrieben, wie immer, wenn man eine Geschichte schreiben muss, wenn man auf die Tube drücken muss. Aber das bin schon oft ich. Sehr persönlich ist „Das war doch gerade neulich“.

?Schaut man sich das Booklet an, sieht man „Große Jungs“ in verschiedenen Erlebniswelten: Ist das gemeinsame Wasserlassen am Wasserrand Ihre Vorstellung von netter Männerfreundschaft?

!Wir wollten einfach nur darstellen, dass Jungens egal in welchem Alter eigentlich immer zu idiotischen Albernheiten neigen.

?Werden Männer also tendenziell eher nicht erwachsen?

!Das ist meine Theorie: Mädchen werden erwachsen, Männer werden einfach nur groß.

?Höre ich das in Ihren Texten richtig, dass Frauen überhaupt immer etwas besser wegkommen als Männer?

!Jaaaaa, wenn mal so will. Ein bisschen vielleicht.

?Wo finden sie Ihre Geschichten, wo treffen Sie die Protagonisten?

!Die laufen mir im Alltag über den Weg. Das kann ein Bekannter sein, jemand in der U-Bahn. Ich habe ja das Glück, über den Alltag schreiben zu können in dem Genre, in dem ich mich bewege.

?In dem Booklet gibt es den Hinweis, dass sich reale Menschen in den Figuren der Songs nicht unbedingt wiederfinden müssen. Zeigt die Anmerkung, dass es doch häufig vorkommt, dass sich Bekannte von Ihnen erkennen können?

!Ja, es gibt das Lied von Annett Louisan „Der Blender“. Da rief mich ein Freund aus dem Auto an und fragte: „Sag mal, der Blender, bin ich das?“ Ich konnte ihn beruhigen, aber ich fand süß, dass er sich angesprochen fühlte. In den Kunstfiguren stecken immer ein, zwei Eigenschaften konkreter, lebender Personen. Die Impulse kommen für mich immer aus der Realität.

?Viele ihrer Texte sind gebunden an markante Zeilen. Es gibt eingängige Reime, Verse, die einen Song offenbar gut tragen. Stehen diese häufig am Anfang Ihrer Texte?

!Das ist richtig. Als Ausgangspunkt habe ich am liebsten eine konkrete Zeile. Nur ein Thema oder nur eine Personen zu haben und dann nach einer passenden Zeile zu suchen, ist mit sehr viel Glück verbunden. Wenn mir eine Zeile über den Weg läuft oder einfällt und ich denke, das ist lustig, das ist sprachlich interessant, das enthält in zwei, drei Worten eine Geschichte und eine plakative Nachricht, dann stricke ich da gerne was drumrum.

?Kann man die eingängige Textzeile mit dem für die Pop-Musik ja auch so wichtigen melodischen Anker vergleichen?

!Wenn ich mit einem anderen Komponisten zusammenarbeite, binde ich ihn relativ früh ein, meistens schon, nachdem ich die Zeile oder Melodie gefunden habe, auf die ich zugehe. Dann sage ich ihm: Vertone das doch schon mal, das muss an die oder die Stelle im Lied. Dann weiß ich, dass sich der Rest des Songs auf eine vorhandene Melodie setzt, und der Komponist behält seine Freiheiten. Aber zur Ihrer Frage, ob man Texten mit Komponieren vergleichen kann: Dazu muss ich sagen, dass Musik viel biegsamer ist als Sprache. Deswegen ist es schwieriger, Texte zu machen.

Auch interessant

Kommentare