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Dirigent Olof Boman zur bevorstehenden Premiere von „Fairy Queen“

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Ein riesiges Spektakel mit allem drin erwartet die Zuschauer bei der Premiere von Henry Purcells „Fairy Queen“ am Sonntag.
Ein riesiges Spektakel mit allem drin erwartet die Zuschauer bei der Premiere von Henry Purcells „Fairy Queen“ am Sonntag. © Jörg Landsberg

Bremen - Von Ute Schalz-Laurenze. Claudio Monteverdi hatte am Anfang des Jahrhunderts die Oper „erfunden“ und auf der Stelle auf einen Höhepunkt gebracht, den dann erst wieder Wolfgan Amadeus Mozart erreichte. Das Theater Bremen spielt nun am Sonntag die 1692 mit einem ebenso bombastischen Erfolg wie auch Aufwand uraufgeführte „The Fairy Queen“ – nach Shakespeares „Sommernachtstraum“ –, eine der Semi-Opern Purcells.

Wir sprachen mit dem Dirigenten Olof Boman, Spezialist für alte Musik und Fan der italienischen Bel Canto Oper über die Premiere.

Herr Boman, ist es richtig, dass die besondere Form der Semi-Oper sich deswegen entwickelte, weil Oliver Cromwell das Schauspiel verbat?

Olof Boman: Nein, nicht unbedingt. Wir kennen seit Shakespeares

Olof Boman übernimmt am Sonntag die musikalische Leitung.
Olof Boman übernimmt am Sonntag die musikalische Leitung. © Jörg Landsberg

Zeiten das Schauspiel mit Musik in England. Das waren „Semi-Opern“ mit Schauspielern, Tänzern und Sängern. Purcell schrieb natürlich auch in dieser Tradition weiter: Nach „Diocletian“ und „King Arthur“ wurde mit „Fairy Queen“ ganz viel entwickelt. Diese Aufführungen lebten von diesem fabelhaften Team. Sie waren aufwändig, es gibt viele Berichte über wirklich tolle und erfogreiche Inszenierungen.

Wie müssen wir uns also die Semi-Oper „The Fairy Queen“ vorstellen?

Boman: Ein riesiges Spektakel mit wirklich allem drin. Es ist so eine Art Musical mit sehr vielen verschiedenen Stilen.

„Eine krude Version von Shakespeares ‚Sommernachtsstraum’“ hat der Musikschriftsteller Ulrich Schreiber das Werk genannt und der Dirigent John Eliot Gardiner sprach von einer „Varietéshow der Restaurationszeit“. Stimmen Sie mit diesen Urteilen überein?

Boman: Würd‘ ich genau so sagen. Wir wissen über Purcell: er hat für den Hof geschrieben, fürs Theater, für die Kirche und er schrieb Trinklieder für die Kneipe, in der er oft mit anderen sang. In all diesen Genres hat er auf hohem und höchstem Niveau geschrieben, von „Volksliedern“ bis zu hochvirtuosen Kunstliedern. Das kann man auch in diesem Stück merken. Es ist eine vitale Burleske, dann wiederum hat es wunderschöne komplexe Stücke.

Von Shakespeares „Sommernachtstraum“ sind nur Streit und Versöhnung sowie das Rüpelspiel übrig gebleiben. Was sind die Forderungen an den musikalischen Interpreten?

Boman: Da sind zunächst einmal die vielen Tänze, die so lebendig sind, dass für die Interpretation Charakter und Energie genau stimmen müssen. Dann ist die nächste Nummer eine langsame Arie – es sind immer ganz schnelle Wechsel. In der romantischen Musik hat man immer Zeit, eine Stimmung oder Atmosphäre zu entwickeln. Hier muss es sofort stimmen, denn zwei Minuten später ist es vorbei. Die Musiker saßen damals nicht im Graben und so haben wir es auch jetzt gemacht: Man sieht die Musik. Purcell hat das Theater in seiner Totalität geliebt. Man hört Echos hinter der Bühne, Vogelgezwitscher von oben, Chöre aus der Ferne. Und der Regisseur Robert Lehninger arbeitet mit Videos, um sehr nah an die Schauspieler heranzukommen.

Die Musik wurde ja erst im frühen 20. Jahrhundert wiedergefunden. In welcher Verfassung war denn das Material? Musste man viel forschen und ergänzen?

Boman: Die Partitur war nach der Uraufführung schnell verschwunden. Damals wurde sie sogar über die Zeitung gesucht. Ohne Erfolg. 1903 hat man in London eher zufällig die vollständige Spielpartitur einer Vorstellung gefunden.

Worauf führen Sie zurück, dass Purcell – im Unterschied zum Beispiel zu Monteverdi – heute einem breiteren Publikum nicht so bekannt ist wie es seiner musikhistorischen Bedeutung entsprechen würde?

Boman: In England schon. „Dido und Aeneas“ kennen viele! Vielleicht ist einer der Gründe, dass man immer alle Sparten braucht: Schauspieler, Tänzer, Sänger. Wir sehen das natürlich als eine tolle theatralische Möglichkeit.

Wie können Sie die Musik von Purcell beschreiben? Das, was ich kenne, ist von atemberaubender Schönheit und überwältigender Emotionalität.

Boman: Ich würde sagen, ich höre sofort, dass es Purcell ist. Seine Musik hat einen sehr persönlichen, einzigartigen Ton. Das hat mit Gestik und Harmonik zu tun, und ist sehr deutlich von der französischen Barockmusik beeinflußt. England ist und war immer eine Insel, so dass Purcell relativ in Ruhe seinen Stil entwickeln konnte – das war und ist übrigens bei den englischen Komponisten immer so. Es macht Spaß, mal eine Oper auf Englisch einzustudieren, in der der Chor auch sehr wichtig ist. Man merkt hier, dass England im Unterschied zu Italien schon damals ein Chorland schon war. ist. Ich würde sagen: Purcells Musik ist Schönheit und Energie.

Premiere ist am Sonntag um 18 Uhr im Theater am Goetheplatz.

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