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Sprengel Museum feiert Bauhaus-Fotografen Umbo

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„Umbo. Fotograf.“: Die Kuratorin Inka Schube (l.) und Phyllis Umbehr, Tochter des Fotografen Umbo, bei seiner Ausstellung im Sprengel Museum. Foto: DPA
„Umbo. Fotograf.“: Die Kuratorin Inka Schube (l.) und Phyllis Umbehr, Tochter des Fotografen Umbo, bei seiner Ausstellung im Sprengel Museum. © dpa

Hannover - Von Jörg Worat. Einst berühmt, zwischenzeitlich vergessen, dann wiederentdeckt: Umbo alias Otto Maximilian Umbehr (1902 bis 1980) gehörte zu den Pionieren der modernen Fotokunst. „Umbo. Fotograf.“ lautet der schlichte Titel einer spektakulären Ausstellung, die gestern Abend im Sprengel Museum eröffnet wurde.

Rund 200 Werke und etliche Dokumente geben einen Einblick in Umbos Schaffen, und immer wieder fällt auf, wie originell und eigenwillig die Motive gestaltet sind. Seien es eindringliche Frauenporträts aus den 20er-Jahren, leicht gruslige Darstellungen von Schaufensterpuppen, Straßenaufnahmen aus ungewöhnlicher Perspektive: Vieles, was später zum Standardrepertoire der avantgardistischen Fotografie zählen sollte, hat Umbo vorweggenommen. Zudem gilt er als Miterfinder der Bildreportage - am bekanntesten ist hier wohl seine 1928/29 entstandene Serie über den Clown Grock.

„Umbo hat sich nie an die Regeln gehalten“, sagt Ausstellungskuratorin Inka Schube. „Vielleicht hat er sie auch gar nicht gekannt.“ Denn der Weg des Künstlers zur Fotografie war ein gewundener. 1921 schrieb er sich am Weimarer Bauhaus ein, um beim Maler Johannes Itten Formlehre zu studieren, und auch wenn der querköpfige Schüler zwei Jahre später geschasst wurde, sollte Ittens Einfluss nachhaltige Wirkung zeigen: „Umbo hat quasi die Prinzipien der Malerei in die Fotografie hineingedacht.“ Übrigens kann der Ausstellungsbesucher sich selbst entsprechend ausprobieren, indem er an einem „Selfie-Tisch“ mit Zerrspiegeln und schwarzen Stiften sein eigenes Porträt „à la Umbo“ entwirft.

Umbo zog nach Berlin und schlug sich mehr schlecht als recht mit Gelegenheitsarbeiten durch, bis Paul Citroen, ein Freund aus alten Bauhaustagen, ihm die erste Kamera schenkte. Sofort begann er zu experimentieren und erregte alsbald Aufsehen. Es entstanden zahlreiche Bilder von fast surrealem Charakter - die Damen wurden mit Augenmaske oder Fechtwaffe abgebildet, die Blicke der Paare schienen eine ganz eigene Geschichte zu erzählen, und wenn Umbo den widersprüchlichen Charakter des Schriftstellers Joachim Ringelnatz wiedergeben wollte, reicherte er das Porträt mit Feder, Rasierklinge und Büroklammer an. Die Aufnahmen wurden in zahlreichen Magazinen, Zeitschriften und Büchern veröffentlicht.

Das Aufkommen des Nationalsozialismus zwang den Fotografen zu dem einen oder anderen Spagat; eine vertragliche Vereinbarung mit dem Deutschen Verlag bewirkte, dass seine Aufnahmen auch in der Auslandsillustrierten „Signal“ erschienen, einem Propaganda-Organ des Wehrmacht-Oberkommandos. 1943 traf Umbo der denkbar schwerste Schicksalsschlag, als bei einem Bombenangriff sein gesamtes Archiv mit über 50 000 Negativen und Fotografien vernichtet wurde.

Nach dem Krieg fand Umbo in Hannover, der Heimatstadt seiner Schwiegermutter, den neuen Lebensmittelpunkt. Hier arbeitete er als Fotoreporter, Lehrer an der Volkshochschule und am Empfang der Kestner-Gesellschaft. 1979, ein Jahr vor seinem Tod, zeigte die Spectrum Photogalerie im damals gerade neu eröffneten Sprengel Museum eine Einzelausstellung - 40 Jahre später schließt sich jetzt der Kreis.

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