Ziemlich traurig.
Dyer: Ja, furchtbar. Der Gedanke an das Wiener Kaffeehaus mit all den Zeitungen – das ist ein nostalgischer Traum geworden.
Beim Besuch des Lawrence-Museums in Eastwood spürten Sie zunächst Eile, diesen so schnell wie möglich hinter sich zu bringen, dann Erleichterung, sobald Sie wieder draußen waren. Wieso ist die Konfrontation mit Orten, die mit dem Schaffen von Kunst verknüpft sind, oftmals nicht besonders beeindruckend, und weshalb führen Sie diese Reisen so, wie es in ihrer neuen Essay-Sammlung „White Sands“ nachzulesen ist, trotzdem fort?
Dyer: Es handelt sich um Neugierde. Zu sehen, was vor Ort vorzufinden ist. Natürlich in der Hoffnung, dass dort ein radioaktives Spurenelement auszumachen ist, das man tatsächlich spüren kann. Das ist selten der Fall. Wenn der betreffende Ort nicht in Form eines Museums erhalten ist, ist es oftmals interessant zu sehen, zu welchem Grad das Wissen um einen Ort diesen in der Wahrnehmung verändert. Die stärkste Manifestierung dessen, die ich erlebte habe, war bei meinem Besuch des Theodor-Adorno-Hauses in Los Angeles. Es ist so wenig bemerkenswert und unauffällig, aber dann ist da die Tatsache, dass Adorno in diesen vier Wänden gelebt hat.
Jetzt arbeiten Sie an einem Buch über den Fotografen Garry Winogrand. Wie sieht ihr Fokus für diese Arbeit aus?
Dyer: Es ist eine Diskussion der Bilder, kein Buch über Fotografie. Die Bilder sind ja schon Fotografien. Mein Buch befasst sich mit anderen Aspekten. Ich versuche mich selbst immer an Folgendes zu erinnern: Erarbeite ein Buch, das nur du selbst schreiben kannst, nicht ein Buch, das jeder verfassen könnte. Es hilft sehr, das im Hinterkopf zu bewahren.
„Aus schierer Wut - In D. H. Lawrence’ Schatten“ von Geoff Dyer ist erschienen bei Dumont.