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Grenzenlose Melancholie, humorvolle Überraschungen

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M. Pires
M. Pires © Broede / DG

Bremen - Von Ute Schalz-Laurenze. Im Programm waren eigentlich nur Mozart und Haydn angegeben, einschließlich der Zugaben erklangen dann auch noch Beethoven und Schubert. Damit hat das Orchester in seinem ersten Premieren-Abonnementkonzert erneut nachdrücklich auf seine inzwischen so tief verwurzelte Spezialität aufmerksam gemacht. Mit einem Dirigenten wie Trevor Pinnock und der portugiesischen Pianistin Maria João Pires musste das außerordentlich gelingen – und tat es auch. - Von Ute Schalz-Laurenze.

Die Ouvertüre zu „Clemenza di Tito“, die mit ihrem inhaltlichen Reichtum immer wieder fasziniert, wirkte mit ungemein präsenter Power und bot so die Basis für Mozarts Wunderwerk, sein letztes Klavierkonzert in B-Dur, KV 595. Gewiss sind alle Werke Mozarts Wunder, aber dieses nun ganz besonders. Das Konzert aus seinem Todesjahr – im April 1791 spielte er es in Wien zum letzten Mal öffentlich – zieht mit seiner drastischen Chromatik, mit seinen überraschenden Modulationen, seiner gleichzeitig ebenmäßig wirkenden Melodik den Hörer regelrecht in Mozarts zutiefst melancholische Welt, aus der er sich mit dem Schlusssatz „Komm lieber Mai“ selbst wieder herausholen will. Aber auch der Versuch bleibt gebrochen, wie die phänomenale Pianistin Pires unnachahmlich deutlich machte.

Das Spiel der 71-Jährigen, die mit überdimensionaler Bescheidenheit immer wieder betont hat, dass die Komposition alles und der Interpret gar nichts ist, ist von einer geradezu schlichten Selbstverständlichkeit, einer gestochenen Transparenz, einer unaufgesetzten Tonschönheit und einer skulpturhaften Herausarbeitung kleinster Gesten. Es erinnert an das schlackenlose Spiel von Clara Haskil, von der es von diesem Konzert so etwas wie eine Jahrhundert-Interpretation gibt. Pires scheint so gar nichts zu wollen und erreicht genau damit eine erschütternde Subtilität.

Nichts könnte zu den Unberechenbarkeiten Mozarts besser passen als die permanenten Überraschungen von Joseph Haydns „Oxford“-Sinfonie. Haydn unterläuft jede Hörerwartung mit einem regelrechten Schalk, es geht immer anders weiter, als man denkt. Trevor Pinnock arbeitete das mit einem sprunghaften Humor heraus, dass es eine Lust war. So aufregend gespielt kann auch eine Haydn-Sinonie niemals nur unterhaltende Klassik sein, sondern wird ein immer wieder mitreißendes Wirbelspiel nie endender Einfälle. Mit den Zugaben Beethoven und Schubert gelang ein abgerundetes Bild dieser in der gesamten Musikgeschichte einmaligen Zeit der Wiener Klassik. Beifall: Ovationen besonders für die Pianistin.

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