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Theaterhafen in Oldenburg startet mit „Alice im Wunderland“

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Man kann auch einfach abhängen: Bis zum 1. Juli bespielt das Oldenburgische Staatstheater den Theaterhafen. - Fotos: Stephan Walzl
Man kann auch einfach abhängen: Bis zum 1. Juli bespielt das Oldenburgische Staatstheater den Theaterhafen. © Stephan Walzl

Oldenburg - Von Rolf Stein. Weil das große Haus des Oldenburgischen Staatstheaters saniert wird, hat das Haus auf einer Brache im Hafen der Stadt ein rustikales Ausweichquartier bezogen. Und aus der Not eine Tugend gemacht. Zwischen Industriebaracken, Containern und Verladeanlagen steht nun ein Zirkuszelt, drumherum drapiert sich ein kleiner Freizeitpark mit einer Freiluftbühne und diversen Imbisswagen, pardon: einem Street Food Market. Das alles nennt sich nun Theaterhafen und bietet täglich Programm, überwiegend gratis.

Am Wochenende war nun die Eröffnung, und auch wenn der Ort des Geschehens ein bisschen ab vom Schuss ist, tummelt sich am Samstag gefühlt halb Oldenburg auf dem Gelände. Und erwartet gespannt das Auftaktspektakel im Zelt, das sich unter dem bekannten Titel „Alice im Wunderland“ mit der verheißungsvollen Unterzeile „L-S-Dreamland“ schmückt.

Was sich freilich auf das Halluzinogen LSD bezieht, kurz für: Lysergsäurediethylamid. Der Stoff, auch als „Acid“ bekannt, feierte im April seinen 75. Geburtstag, hat sich allerdings trotz seines biblischen Alters eine rebellische Note erhalten. Da ist man natürlich gespannt, ob und wie die Illusionsmaschine Theater mit diesem Trip fertig wird.

Bewusstseinsverändernde Drogen und Lewis Carrolls berühmtes Kinderbuch haben spätestens die Hippies zusammengedacht: Unvergessen der Song „White Rabbit“ von Jefferson Airplane, in dem Grace Slick von Pillen singt, die mal größer, mal kleiner machen – oder eben gar nichts bewirken, wie die Pillen, die Mutti verabreicht. Auch John Lennon ließ sich von Motiven des Buchs zu Songs wie „Lucy In The Sky with Diamonds“ inspirieren.

Katharina Shakina als Alice
Katharina Shakina als Alice © Stephan Walzl

Robert Gerloff und Jonas Hennicke haben für Oldenburg eine neue Bühnenfassung geschrieben, die nun im Rund der Manege Uraufführung feiert. Als wären wir alle Alice, lockt uns ein weißes Kaninchen in den provisorischen Theaterbau, wo die Hauptfigur des Abends (Katharina Shakina) schon in einem Käfig hoch über der Bühne schwebt. In Rückblende wird die bekannte Geschichte aufgerollt, wobei Gerloff und Hennicke die Mittel des Zirkus weidlich nutzen, mit Tanzszenen, artistischen Einlagen, Publikumsbeteiligung und einer echten Band.

Eingefasst ist der Abend in eine Art Travestie-Show (Bühne: Maximilian Lindner, Kostüme: Johanna Hlawica) mit einem mehrsprachig radebrechenden Conferencier (Jens Ochlast), der der kleinen Alice nicht ohne sadistische Freude den Prozess macht. Denn sie hat ja angeblich der Herzkönigin die Torten gestohlen. Carrolls Geschichte haben Gerloff und Hennicke dabei mal mehr, oft minder behutsam um Verweise auf die Pop-Kultur erweitert, von den oben genannten Songs über Douglas Adams’ „Per Anhalter durch die Galaxis“-Bücher bis hin zu Filmen wie „Matrix“ und der Nazi-Komödie „Schtonk!“. Manches wirkt dabei schlicht aufgepappt.

Wobei es aber in den zweieinhalb Stunden, die das Spektakel inklusive Pause dauert, durchaus schöne Bilder und Ideen zu begutachten gibt. Wenn eine chromglänzende Maschine die Arena in ein Schaumbad verwandelt, beispielsweise, oder wenn der ansonsten eher fremd am Platz wirkende traurige Clown in den Orkus gesaugt wird oder das Ensemble diskutiert, ob die Zeit nun langsamer oder schneller vergeht, wenn man einen Rausch hat – der allerdings in Oldenburg kein LSD-Trip ist, sondern vom Rotwein kommt.

Das Oldenburger Schauspielensemble ist derweil mit viel Spiellaune dabei, ohne jedoch so etwas wie psychedelische Eindrücklichkeit erzeugen zu können. Was dem Regiekonzept geschuldet sein mag, das sich zwischen Dramatisierung der Vorlage und einer Nummernrevue nicht entscheiden mag.

Das Programm im Internet: staatstheater.de/theaterhafen

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