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Dramatik und Virtuosität

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Wie einen alten Freund begrüßt das Bremer Publikum Cellist Valentin Radutiu bei seinem Debüt. - Foto: Felix Broede
Wie einen alten Freund begrüßt das Bremer Publikum Cellist Valentin Radutiu bei seinem Debüt. © Felix Broede

Bremen - Von Wolfgang Denker. Robert Schumann und der nur ein Jahr ältere Felix Mendelssohn-Bartholdy waren eng befreundet. Schumann bewunderte seinen Komponisten-Kollegen im höchsten Maße: „Sein Lob galt mir immer als das höchste“, schrieb er daher auch in seinen „Erinnerungen an Felix Mendelssohn-Bartholdy“. Das Programm des 2. Highlight-Abonnementkonzerts der Deutschen Kammerphilharmonie vereinte am Donnerstagabend daher ausschließlich Werke dieser beiden Komponisten. Das Motto des Konzerts lautete „Unter Freunden“ und hatte damit seine Berechtigung. Dies aber auch in einem anderen Sinne, denn die Kammerphilharmonie unter dem Gastdirigenten Jérémie Rhorer und der Solist Valentin Radutiu (Cello) wurden in der ausverkauften Bremer Glocke enthusiastisch gefeiert – eben wie unter Freunden.

Rhorer ist in der Stadt kein Unbekannter, er und sein Orchester „Le Cercle de l’Harmonie“ waren wiederholt mit Aufführungen von Mozart-Opern beim Musikfest zu Gast. Mendelssohns Ouvertüre zu „Das Märchen von der schönen Melusine“ op.82 gehört nicht zu seinen bekanntesten, aber zweifellos zu seinen effektvollsten Werken. Mendelssohn schrieb sie nach einem Besuch von Conradin Kreutzers Oper „Melusina“, deren Musik ihm nicht gefiel.

Mendelssohns Ouvertüre beginnt und endet mit einem Wellen-Motiv, wie es ähnlich von Smetana in der „Moldau“ und von Wagner im „Rheingold“ verwendet wurde. Die Handlung des Märchens wird anschaulich geschildert. Rhorer und die Kammerphilharmonie treffen die wechselnden Stimmungen punktgenau, die dramatischen Streicherattacken ebenso wie die idyllischen Momente. Rhorer lässt das Orchester dabei im Klang schwelgen.

Obwohl Schumanns „Konzert für Violoncello und Orchester“ op. 129 zu den bedeutendsten Werken der Gattung zählt, ist es nie wirklich populär geworden. Es wurde erst sechs Jahre nach seinem Tod uraufgeführt. Er hatte es dem Cellisten Robert Emil Bockemühl gewidmet, der das Werk aber als „zu wenig melodiös“ empfand.

Zumindest im ersten der drei pausenlos ineinander übergehenden Sätze kann man das Urteil ein wenig nachvollziehen. Nach drei Orchesterakkorden setzt das Cello ein. Es sind sperrige Motivfragmente, die Valentin Radutiu allerdings eindrücklich formuliert. Wie Rhorer und die Kammerphilharmonie diese dann aufgreifen und verarbeiten, zeugt von perfektem Zusammenspiel. Dann mündet die Musik in eine wunderbare Kantilene von großer Schönheit. Dieser zweite Satz (langsam, attaca) ist das Herzstück des Cellokonzerts. Radutiu läß sein Instrument geradezu singen, bevor er im Finale außerordentlich virtuos agiert. Eine Wiedergabe, die diesem Cellokonzert von Schumann eigentlich neue Freunde bescheren müsste. Radutiu bedankt sich mit einem reizvollen Solostück voller Poesie: „Das Lied der Vögel“.

Nach der sehr gelungenen Sinfonie Nr. 3 (der „Schottischen“) vor drei Wochen nun die Sinfonie Nr. 5 op. 107 („Reformations-Sinfonie“) von Mendelssohn-Bartholdy. Chronologisch ist es Mendelssohns dritte Sinfonie, da sie aber erst 1868 gedruckt wurde, bekam sie in der Zählung die Nummer Fünf. Aber sie ist das Werk eines Zwanzigjährigen.

Auch hier schwelgt die Kammerphilharmonie im opulent ausgebreiteten Klang. Rhorer und das Orchester betonen in ihrer Wiedergabe das Machtvolle, das Majestätische des Werks. Rhorer dirigiert mit vollem körperlichem Einsatz. Großartig werden die choralartigen Bläsersätze („Ein feste Burg ist unser Gott“) herausgearbeitet, mit tänzerischer Delikatesse erklingt das Allegro, zart werden die Pizzicato-Passagen gestaltet. Ein zentrales Motiv der Sinfonie ist das sogenannte „Dresdener Amen“, das Wagner später auch als Gralsmotiv im „Parsifal“ verwendet hat. Dieses zarte Thema wird bei Rhorer aber fast erdrückt, weil er das immer wieder großformatig aufrauschende Orchester überwiegend im Forte führt. Das ergibt eine gewisse Unwucht in der Dynamik, weil für manche Steigerung die Luft nach oben fehlt. Gleichwohl ist Rohrer mit der Kammerphilharmonie eine begeisternde Wiedergabe gelungen. Und auch bei der Zugabe blieb man mit dem Menuetto aus der 1. Sinfonie gleich bei Mendelssohn. Begeisterter Beifall.

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