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Von der Vergänglichkeit des Lebens

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Die Schauspielerin und ihr „Lieblingsschweizer“: Jasmin Tabatabai und David Klein in der Bremer Glocke. - Foto: Heyne
Die Schauspielerin und ihr „Lieblingsschweizer“: Jasmin Tabatabai und David Klein in der Bremer Glocke. © Heyne

Bremen - Von Ulla Heyne. Der Scheinwerfer in der Glocke ist auf die Frau im roten Kleid gerichtet. Yasmin Tabatabai ist es gewöhnt, im Mittelpunkt zu stehen. Als David Klein, Komponist, Arrangeur, begnadeter Jazz-Saxofonist und Begründer des gleichnamigen Quartetts, zum Solo ansetzt, bleibt er im Halbschatten. Auch wenn die Lichttechnik diesen Lapsus nach wenigen Liedern korrigiert, ließe sich die jüngste Ausgabe der Reihe „Jazznights“ in der Bremer Glocke nicht trefflicher subsumieren: Beim Programm „Was sagt man zu den Menschen, wenn man traurig ist“ steht die Schauspielerin im Rampenlicht, das musikalische Mastermind hält sich dezent im Hintergrund. Dabei ist er es, der vielen Songs an diesem Abend mit feinen Arrangements, einfühlsamen Begleitungen, dezenten Einwürfen und famosen Soli den Dornröschenkuss gibt.

Sicher: Singen kann die Tabatabai, nicht erst seit „Bandits“, dem Film, mit dem ihr vor 20 Jahren der Durchbruch gelang und von dem an diesem Abend „Catch me“ und „Puppet on a String“ – beide im Jazzgewand – zu hören sind. Das macht sie sogar so gut, dass es der Jury einen Echo für das erste von zwei Jazzalben, beide mit Klein eingespielt, wert war.

Warum am Samstagabend trotzdem rund ein Drittel der Sitze in der Glocke leer bleibt? Nun, vielleicht ist es die nicht ganz abwegige Abwehrreaktion: „Schauspieler, die auch noch singen/schreiben/malen – muss das denn sein?“ Es muss nicht, aber es kann. Und in der Tat profitiert Tabatabais Vortrag von ihrer Präsenz, der Mimik und Gestik, vom Timing und den charmanten Anmoderationen.

Wohltuender Hauch Exotik

Obgleich die Deutsch-Iranerin nicht über eine große Stimme verfügt, gelingen ihr durchaus ausdrucksvolle Interpretationen in dem breit gefächerten Repertoire. So arbeitet sie sich an Brecht/Weill, Cole Porter und Georg Kreissler ab. Mit dem atmosphärisch dichten iranischen Popsong „Göle Sangam“ weht ein wohltuender Hauch Exotik durch die Glocke.

Nachdenklich, tiefsinnig, gewohnt emanzipatorisch (ausgerechnet Klein outet sich als Komponist und Texter des lustvollen Bossa Nova „Eine Frau“ im Kreissler-Stil als heimlicher Feminist), beschert „Wenn ein Mensch lebt“ einen großen, wahrhaftigen Moment über die Vergänglichkeit des Lebens. Vielleicht kein Zufall, dass es sich um Filmmusik handelt, eine Liebe, die die beiden Hauptakteure dieses Abends zusammenbrachte.

Goutiert werden auch die gepflegten Soli bei einigen Jazzklassikern wie Porters „Just one of those Things“, in der deutschen Knef-Version „Das und nicht mehr“. Dabei reüssiert auch Pianist Roberto die Gioia, der eigentlich gerade mit Wolfgang Haffner tourt und an diesem Abend eingesprungen ist. Seine Improvisationen haben es faustdick hinter den Ohren. Wenn er zum Sartoux-Chanson eine Halbphrase „Pink Panther“ eingeschmuggelt wird oder das Bass-Solo mit einem schelmischen „Oh sole mio“ unterminiert, muss auch Meister Klein schmunzeln.

Authentische Darbietung

Der „Lieblingsschweizer“ von Tabatai scheint ohnehin das gesamte Konzert extrem zu genießen und trägt mit Einblicken ins Familienleben ebenso wie Tabatabai zum Unterhaltungswert des Abends bei. Die Plaudereien aus der Familie, gefolgt von Reinhard Meys „Aller guten Dinge sind Drei“ werden von der dreifachen Mutter – wen wundert‘s – authentisch abgeliefert. Souverän und entspannt für den rhythmischen Unterbau sorgen Davide Petrocca (Kontrabass) und Peter Gall (Schlagzeug).

Insgesamt zwei Stunden, die Jazzfans nicht gerade zu frenetischen Begeisterungsstürmen verleiten; vielmehr ein Cross-Over, das niemanden überfordert und vielen Spaß macht.

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