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Wirbel um des Kaisers Vermögen

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Er will den Besitz seiner Familie zurück: Georg Friedrich Prinz von Preußen steht in der Potsdamer Friedenskirche. Foto: DPA
Er will den Besitz seiner Familie zurück: Georg Friedrich Prinz von Preußen steht in der Potsdamer Friedenskirche. Foto: DPA © -

Die Nachfahren der Preußenkönige erheben Anspruch auf Hunderte Kunstwerke und wollen Wohnrecht in einst kaiserlichen Gemächern. Und dann wollen sie auch ein eigenes Museum. „Geht‘s noch“, fragen einige.

VON ESTEBAN ENGEL

Berlin – Sollen die Nachkommen des letzten Kaisers knapp 100 Jahre nach dem Ende der Monarchie entschädigt werden oder hat die Geschichte nicht schon längst gesprochen? Ausgerechnet im Jubiläumsjahr der ersten deutschen Republik wird wieder über die Rechte von Monarchen und ihrer Erben diskutiert. Mit seinem nun bekannt gewordenen Anspruch auf Tausende Kunstobjekte und der Forderung nach Wohnrecht in Prunkschlösschen und Gutshäusern schreckt Georg Friedrich Prinz von Preußen die Kulturlandschaft auf.

Zwar verhandelt das einstige Preußenhaus der Hohenzollern um den Ururenkel des letzten deutschen Kaisers Wilhelm II. mit dem Bund sowie den Ländern Berlin und Brandenburg schon seit Jahren hinter verschlossenen Türen über die Rückgabe von Gemälden, historischen Zeugnissen und wertvollen Dokumenten, die zu den Preußenstiftungen in Berlin und Potsdam sowie zum Deutschen Historischen Museum gehören. Seitdem in der vergangenen Woche die Gespräche bestätigt wurden, gibt es allerdings neuen Wirbel – beide Seiten versuchen nun die Wogen zu glätten. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz zeigt sich verhandlungsbereit, um kostspielige Gerichtsverfahren zu vermeiden, erklärte Präsident Hermann Parzinger.

Genaue Angaben über das Ausmaß der Ansprüche macht keine Seite. Man bemühe sich um eine „dauerhafte Gesamtlösung“, heißt es aus dem Büro von Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU). Die Positionen lägen aber noch sehr weit auseinander.

Markus Hennig, Anwalt des Hohenzollern-Hauses, wirbt um Verständnis für seinen Mandanten und warnt vor einer „Skandalisierung“. Angestrebt werde eine „einvernehmliche Gesamtregelung“. Wie Tausende anderer Bundesbürger wolle auch das Haus Hohenzollern für sich Rechtssicherheit schaffen, erklärte er in einer Stellungnahme.

Nach unbestätigten Berichten von „Spiegel“ und „Tagesspiegel“ geht es im Rechtsstreit um bedeutende Kunstwerke, um die fürstlichen Bibliotheken und das Königliche Hausarchiv. Auf der Liste stehe etwa Antonie Watteaus Gemälde „Einschiffung der Kyhtera“ sowie der Sterbesessel von Friedrich II.. Begehrlichkeiten wurden für Hunderte Gemälde und Skulpturen sowie Möbel angemeldet. Sie gehörten einst zu den „privaten“ Wohnräumen der Kaiserfamilie. Gefordert werde auch ein dauerhaftes, unentgeltliches Wohnrecht entweder im Schloss Cecilienhof, Schloss Lindstedt oder in der Villa Liegnitz in Potsdam.

Waren diese Fragen nicht schon längst entschieden? Tatsächlich hatte nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg, der Revolution von 1918 mit der Abdankung von Wilhelm II. und seiner Flucht nach Holland die Regierung den kaiserlichen Besitz beschlagnahmt. Andere Königshäuser, etwa die Wittelsbacher oder die Welfen, wurden vergleichsweise sanft behandelt und konnten viel behalten. In einem Vertrag zwischen dem Staat und den Hohenzollern wurde 1926 eine Vermögensregelung getroffen, die allerdings viele Lücken aufwies.

Ist der Besitz von Kurfürsten, Königen und Kaisern an die jeweiligen Personen gebunden oder sollen die Reichtümer vielmehr dem Staat zugerechnet werden, den die Monarchen repräsentierten? Gelöst wurde diese Frage nicht endgültig. Als nach 1945 die sowjetischen Besatzer den Hohenzollern Kollaboration mit den Nazis vorwarfen, entzogen sie ihnen auch das Wohnrecht in den Schlössern im Osten.

Ob ein Schloss Privateigentum des Herrschers ist, beantwortete jüngst das Landgericht Koblenz. Dort hatte der Prinz von Preußen Anspruch auf Burg Rheinfels in St. Goar (Rheinland-Pfalz) erhoben. Die Burg am Rhein, 1918 vom Staat beschlagnahmt, sei kein Privateigentum des Königs gewesen, sondern habe als Sondervermögen zum sogenannten Kronfideikommiss gehört, also der preußischen Verwaltung. Das Gericht wies die Klage zurück.

Anwalt Hennig verneint Spekulationen, dass angesichts der umfangreichen Forderungen Museen geschlossen werden müssten. Selbst wenn die Hohenzollern auf Herausgabe aller fraglichen Objekte bestehen würden, wäre nur ein sehr kleiner Teil der Bestände betroffen. Seine Mandanten seien auch an der Einrichtung eines „Hohenzollernmuseums“ interessiert, in dem die geforderten Stücke ausgestellt werden könnten.

Das wäre ja noch schöner, dass die ehemalige Kaiserdynastie Mitsprache bei der Darstellung der preußischen Geschichte für sich reklamiert, sagt Daniel Wesener, kulturpolitischer Sprecher der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus. Ein solches Museum wäre weder mit einer demokratischen Kultur noch mit der Unabhängigkeit staatlicher Einrichtungen zu vereinen.

Auch Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) will nicht nachgeben: Brandenburger Schlösser sollen von der öffentlichen Hand nicht zu Wohnzwecken freigegeben werden. „Es sollen Häuser des Volkes bleiben und das ist auch unser Ziel in den Verhandlungen.“ Woidke hofft auf eine Lösung. Vor einer juristischen Auseinandersetzung fürchte sich Brandenburg aber auch nicht.  dpa

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